„Green Innovation“: Know-how nutzbar machen

Renan Cepeda/GIZ

Neue Chancen für die Umwelt und den Arbeitsmarkt: Nutzung von Solarthermie in Brasilien

Wie kann man Innovationen für Klimaschutz effektiver fördern und gleichzeitig Beschäftigung in Zukunftsfeldern schaffen? Von welchen Projekten kann man lernen? Antworten darauf gab schon im Vorfeld des Weltklimagipfels ein zweitägiger internationaler Workshop in Bonn. Eingeladen hatten das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE), der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die German Interagency Working Group on Promotion of Innovation. Unter dem Titel „Effective promotion of green innovation – New ways of interagency co-operation“ lag der Schwerpunkt der vorgestellten Projekte auf Innovationen für die Energiewende und für nachhaltige Stadtentwicklung. Zu den rund 50 teilnehmenden Experten in der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) gehörten auch zahlreiche Alumni verschiedener DAAD-Programme.

DAAD-Alumnus Augusto Mosqueda Solis stellte während des Bonner Workshops das Projekt „AgroSun®, Solar Greenhouses for Isolated Communities or Net Metering“ vor. Im Fokus stand die Entwicklung eines Prototyps. „In Mexiko können mehr als 7,5 Millionen Hektar landwirtschaftlich nicht genutzt werden, weil Wasserpumpsysteme, Anbindung an die öffentliche Stromversorgung und Infrastruktur, um die Ernte umzuschlagen, fehlen. Genau da setzt unser Projekt an“, erklärte Mosqueda. Bei den Solar-Gewächshäusern war er für das Design des Photovoltaik-Systems verantwortlich. „Durch den Einsatz des Prototyps konnten wir bei Gurken und Tomaten bereits zwei ertragreiche Zyklen durchführen“, berichtete er. Eine große Produktionsmenge sei generell wichtig, damit sich Innovationen auch wirtschaftlich lohnen würden. Der Einsatz von sauberer Energie und die Berücksichtigung lokaler Bedingungen seien weitere Pluspunkte des Projekts.

Mosqueda unterrichtet als Dozent mit dem Schwerpunkt Erneuerbare Energien an der Universidad Tecnológica de los Valles Centrales de Oaxaca (UTVCO) und ist unter anderem Geschäftsführer der Firma UMA Solar & Wind. Nach seinem Maschinenbau-Studium hat er von 2006 bis 2008 im DAAD-geförderten MBA-Programm „International Management of Resources and Environment“ (MBA IMRE) an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg studiert. Von Januar 2017 bis Juli 2017 absolvierte er zudem ein postgraduales Fortbildungsprogramm des CIPSEM („Centre for International Postgraduate Studies of Environmental Management“) an der Technischen Universität Dresden. Wie so viele Teilnehmer des Bonner Workshops kennt der Ingenieur und Unternehmer Mosqueda die Schnittstellen von Wissenschaft und Wirtschaft.

Workshop "Effective promotion of green innovation"

DIE

Damit der Wandel gelingt: Zahlreiche Experten betonten in Bonn den Wert des vielschichtigen fachlichen Austauschs (im Bild Carsten Hellpap von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ)

Auch Georgeta Auktor, Professorin am Institut für Wirtschaftswissenschaft der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, betonte in ihrer Keynote den Zusammenhang von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit – und forderte zu einer verstärkten Bildung von Netzwerken zwischen Unternehmerschaft und Innovationsprogrammen auf. Christoph Hansert, Leiter des Referats Entwicklungszusammenarbeit in der Strategieabteilung des DAAD, kann das aus Erfahrung nur befürworten. Neben der Anpassung und Anwendung globalen Wissens auf lokale Gegebenheiten werde in Zukunft auch die gemeinsame Erarbeitung neuen Wissens, „joint knowledge creation“, immer wichtiger, betonte er: „Deshalb wollen wir Wissenschaft und Wirtschaft aus Nord und Süd direkt ins Gespräch miteinander bringen.“

Deutsch-brasilianische Kooperation

Als gutes Beispiel für die Entwicklungszusammenarbeit von Universitäten, Hilfsorganisationen, politischen Institutionen und Unternehmen stellte Lars Gerold, Leiter des Referats Hochschulstrukturförderung in der Entwicklungszusammenarbeit im DAAD, das Programm „Novas Parcerias/Neue Partnerschaften“ (NoPa) vor. Das Kooperationsprogramm des DAAD mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und CAPES, der Agentur des brasilianischen Bildungsministeriums, lief von 2010 bis Sommer 2017 sehr erfolgreich, indem es sowohl die Kompetenzen des privaten und des öffentlichen Sektors als auch die Instrumente der akademischen und der technischen Zusammenarbeit verknüpfte.

Workshop "Effective promotion of green innovation"

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Konzentrierte Arbeit: Der Nachhaltigkeit von Kooperationsprojekten war während des zweitägigen Workshops auch eine von mehreren Arbeitsgruppen gewidmet

Im Rahmen von NoPa wurden 25 Projekte durchgeführt, darunter das Forschungsprojekt „Mechanical Biological Treatment Facility (MBT) with an Integrated Fermentation Stage“ im Jahr 2014 in Jundiaí, Brasilien. Neben der Technischen Universität Braunschweig und zwei brasilianischen Universitäten gehörten auch zwei Forschungseinrichtungen und die Stadtverwaltung von Jundiaí zu den Projektpartnern. Es ging dabei nicht nur um eine Müllaufbereitungsanlage und einen Abfallentsorgungsplan, sondern auch um Grundlagenforschung und Capacity Building – eine umfassende Weiterbildung aller Entscheidungsträger auf politischer und wirtschaftlicher Ebene.

Die Bauingenieurin und Rechtsanwältin Christiane Dias Pereira ist Doktorandin an der TU Braunschweig – und Abfallentsorgungsspezialistin am seinerzeit gleichfalls an einem der NoPa-Projekte beteiligten Center for Research, Education and Demonstration in Waste Management (CReED). In Bonn warb Dias für mehr Flexibilität und Offenheit im Rahmen solcher Projekte: „Ich habe mehrere Jahre im privaten Sektor gearbeitet, da muss man immer flexibel sein, da der Markt auch immer in Bewegung ist. Wenn man an Grenzen stößt, sollte man die Spielräume erweitern. Man muss kreativ sein.“ Kreativität sei der Schlüssel. Erfolgsfaktoren seien in Jundiaí zum Beispiel interdisziplinäre Teams gewesen, ebenso die Bereitschaft, weitere Projekte zu integrieren und die offensive Betonung einer nachhaltigen Wertschöpfung.

Kompetenzen stärker systematisieren

„Wir wollen mit diesem Workshop Impulse in die deutsche Szene geben“, sagte Dr. Andreas Stamm, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik. Es gebe bei den zahlreichen an Entwicklungspolitik beteiligten Organisationen und Ministerien so viel Kompetenz, erprobte Instrumente und positive Ansätze, dass es an der Zeit sei, diese stärker zu systematisieren. Mittelfristig sei geplant, aus den Ergebnissen des Workshops zehn Leitlinien zu erarbeiten.

Das würde auch Dr. Daniel Ayuk Mbi Egbe begrüßen. Er ist Privatdozent am Institute of Polymeric Materials and Testing an der Universität Linz in Österreich und Koordinator von Ansole (African Network for Solar Energy). Bildung und Ausbildung von afrikanischen Experten, Erforschung erneuerbarer Energien und deren Etablierung in Afrika sind die Hauptaufgaben von Ansole. Die regelmäßig stattfindenden „Ansole-Days“ hat der DAAD zum Teil mitfinanziert.

„Die Instrumente und Plattformen in der Entwicklungszusammenarbeit haben wir längst“, sagte Egbe. Häufig hake es bei der Finanzierung. Manchmal fehle es jedoch auch an Wissen darüber, was der Globale Süden zu bieten habe. Beim Workshop stellte er deshalb sein Netzwerk und dessen Expertise – die Vermittlung afrikanischer Fachkräfte und Kontakte zu afrikanischen Forschungseinrichtungen – vor.

Workshop "Effective promotion of green innovation"

DIE

Tania Rödiger-Vorwerk, Leiterin der Unterabteilung Umwelt und Infrastruktur im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), zeigte sich offen für eine anhaltende Förderung der Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft

Bewährte Programme

Am zweiten Workshop-Tag präsentierten die sieben beteiligten Institutionen, die von unterschiedlichen Ministerien unterstützt werden, ihre Fördermöglichkeiten und erkundeten das Potenzial stärkerer Zusammenarbeit. In der Diskussion mit der BMZ-Unterabteilungsleiterin Dr. Tania Rödiger-Vorwerk erläuterten sie, warum es sinnvoll wäre, in Hochschulprogrammen des BMZ größere angewandte Forschungskomponenten zu ermöglichen und in BMBF-Projekte auch die Innovation von Masterstudiengängen mit aufzunehmen. Zudem sollte zur Förderung der Nachhaltigkeit von Projekten möglichst bereits in der Konzeptionsphase der Aufbau von Thinktanks oder innovativen Studienmodulen mit angelegt werden – damit das umfangreiche Know-how aus EZ-Projekten auch für den Wissenschafts- und Politikberatungsbereich nutzbar gemacht wird. Einig war sich schließlich alle, dass Programme wie NoPa oder die Praxispartnerschaften mit der Wirtschaft nicht beendet, sondern ausgebaut werden sollten, da sie grüne Innovation in Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft bereits besonders erfolgreich fördern.

Claudia Wallendorf (10. November 2017)