Leibniz-Preise für DAAD-Alumni: Professor Karl-Peter Hopfner im Porträt

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Karl-Peter Hopfner, Direktor des Genzentrums und des Departments Biochemie der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, analysiert, wie der menschliche Körper mit Erkrankungen umgeht

Der Strukturbiologe Professor Karl-Peter Hopfner erhält 2017 den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis für seine Arbeit über den „Reparaturservice“ in der Zelle. Ein DAAD-Stipendium während seines Studiums wirkte wie ein Katalysator für seine Forschungen, die zum Verständnis von Krebserkrankungen beitragen.

In den menschlichen Zellen geht es ein Leben lang zu wie im Baugewerbe. Andauernd muss neues Material konstruiert werden, um den Fortbestand des Menschen zu sichern. Fortwährende Verdoppelung lautet der Auftrag und dafür wird der Träger der Erbinformation – die DNA – in der Zelle wie am Fließband kopiert. Und wie überall im Leben geht unter dieser Anstrengung auch in der kleinsten Einheit was schief: Da gibt es Risse und Brüche, da schwimmen abgetrennte Abschnitte lose herum, die am richtigen Ende wieder angeklebt werden müssen, da wird das Backup gesucht. Kurz: Jede Menge Reparaturservice ist gefragt, den es auch tatsächlich gibt.

„Die DNA ist unser wertvollstes Molekül und die im Genom enthaltene Information muss ständig geschützt, repariert und auch verteidigt werden“, sagt Professor Karl-Peter Hopfner. Er widmet sich täglich im Labor der Frage, wie genau es die Zellen eigentlich schaffen, das Genom in seinem Informationsgehalt über ständige Erneuerungsprozesse hinweg zu erhalten.

Schadensbegrenzung verstehen

Der Strukturbiologe analysiert die Zusammenarbeit der zuständigen Schadensbegrenzer: Eiweißmoleküle, die zum Einsatz kommen, wenn zum Beispiel Chromosomenfäden vollständig reißen. Das ist ein problematischer Schaden für die Zelle, bei dem wichtige Informationen verloren gehen könnten. „Schaut man sich Krebserkrankungen an, findet man zum Beispiel ganze Genomstücke an völlig anderer Stelle im Chromosom“, erläutert Hopfner. Da habe dann der Reparaturservice versagt. „Wenn falsch repariert wird, ändert sich die genetische Zusammensetzung und die Genomintegrität bricht zusammen.“ Manche Zellen profitierten von diesem Fehler, teilten sich weiter und so entstünden einige Krebsarten.

Spannend wird es für Hopfner auch, wenn fremde Nukleinsäuren etwa mit Viren in die Zelle geraten. Wie unterscheidet die Zelle eigenes und fremdes Material? Warum gibt es bei Autoimmunerkrankungen offenbar Fehlalarm, bei dem die Körperabwehr Reparaturen anweist, wo keine vonnöten sind? Und wie kann man die Detektionssyteme stimulieren, Krebszellen zu entdecken, die sich offenbar geschickt tarnen, um der Immunantwort zu entgehen?

Prägende Forschungszeit in Amerika

Für all solche Fragen ist es zentral, zunächst die technische Funktionsweise des biologischen Reparaturservice im Detail zu verstehen. Karl-Peter Hopfner verfolgt das, seit er 1991 nach seinem Vordiplom in Biologie an der Universität Regensburg mit einem DAAD-Stipendium in die USA nach St. Louis gegangen ist. „Wenn ich auf Stationen meiner Forschungslaufbahn zurückblicke, dann war das Jahr an der Washington University eines meiner wichtigsten und absolut prägend“, sagt der Leibniz-Preisträger.

Anders als im normalen Regensburger Studienbetrieb konnte Hopfner dort die halbe Woche im Forschungslabor mitarbeiten. Das entfachte sein Interesse: „Da wurde mir klar, dass ich die Funktionsweise von Proteinen unbedingt verstehen will.“ An drei wissenschaftlichen Publikationen beteiligte sich der damals 23-Jährige während seines DAAD-Stipendiums – in dieser Studienphase gänzlich unüblich und ein Katalysator für die Karriere. Hopfner ging für die Diplomarbeit noch einmal in das Labor in St. Louis und anschließend für die Promotion über Proteinstrukturen an das Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München.

Meilenstein für die persönliche Entwicklung

Seit 2001 lehrt Karl-Peter Hopfner als Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und ist heute Direktor des Genzentrums und des Departments Biochemie der LMU. Das Rüstzeug für seine Forschungskarriere, aber noch etwas Anderes habe er damals aus den USA mitgebracht, sagt der gebürtige Bayer: „In dieser völlig fernen Welt, in der es damals nicht einmal regelmäßigen E-Mail-Verkehr nach Hause gab, wurde das Kind vom Land erwachsen, lernte vernünftig Englisch – und das ganze Weltbild veränderte sich total. Das war wirklich in jeder Hinsicht ein Meilenstein.“

Und jetzt? Mit dem Leibniz-Preis in Höhe von 2,5 Millionen Euro? Jetzt würde Hopfner gerne herausfinden, wie man den Reparaturservice des menschlichen Körpers „besticht“. „Ich würde gerne Substanzen finden, mit denen man gezielt bestimmte Immunsensoren aktivieren kann“, sagt er – damit die dann zum Beispiel den Krebszellen die Tarnkappe entreißen.

Bettina Mittelstraß (14. März 2017)