Meereswissenschaftler Dr. Hawis Madduppa: Ein Stipendium als Karriereschub

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Promoviert hat er in Bremen – über einen Fisch, der durch einen Film berühmt geworden ist. Heute, rund vier Jahre später, ist DAAD-Alumnus Dr. Hawis Madduppa Leiter des Labors für Marine Biodiversität und Biosystematik an der Agricultural University in Bogor in Indonesien. Nach seiner durch ein DAAD-Stipendium geförderten Promotion an der Universität Bremen hat er sich einen Namen als Spezialist für Biodiversitätsforschung und Meeresumweltschutz gemacht.

Herr Dr. Madduppa, Sie haben Ihre Doktorarbeit an der Universität Bremen über den Anemonenfisch geschrieben, der nicht zuletzt durch den Kinofilm „Findet Nemo“ berühmt geworden ist. Warum haben Sie diese indonesische Fisch-Spezies soweit entfernt von Ihrer Heimat erforscht?

Hawis Madduppa: Weil ich an der Universität Bremen molekular-genetische Methoden ganz neu lernen konnte – sowohl was die Betreuung durch Experten als auch die technische Ausrüstung betrifft. Ich bin in den indonesischen Korallenriffen nach Anemonenfischen getaucht, habe kleine Stückchen aus ihrer Schwanzflosse geschnitten und die Tiere anschließend wieder freigelassen. Die Haut habe ich dann in Bremen untersucht.

Sie sind heute in Indonesien in vielen Organisationen aktiv, die den Schutz der Meeresumwelt zum Ziel haben, etwa in einem Projekt zum Schutz von Walhaien. Außerdem sind Sie Berater eines Fischerei-Verbandes, der nachhaltige Krabbenfischerei etablieren will. Welches Ziel hatte ihre Promotion über den Anemonenfisch?

Der Anemonenfisch wird vielerorts für die Aquaristik gefangen – seit dem Kinofilm noch stärker als zuvor. Mit den genetischen Analysen habe ich untersucht, ob die Bestände des Anemonenfischs wandern oder standorttreu sind. Wie sich zeigte, ist letzteres der Fall, sodass der Anemonenfisch durch Fischerei in manchen Gebieten völlig ausgerottet werden kann – und auch schon wurde. Das betrifft gleich mehrere Koralleninseln, die besonders intensiv befischt werden.

Die Zeit in Deutschland war Ihr erster Auslandsaufenthalt überhaupt. Wie hat er Sie verändert?

Zum einen hat er mein Bild von Deutschland verändert. Ich hatte mir eine dicht bebaute, industrialisierte Landschaft vorgestellt. Heute kenne ich die wunderschönen Landschaften, und ich habe vor allem auch den guten Nahverkehr zu schätzen gelernt. Was meine wissenschaftliche Arbeit betrifft, habe ich gelernt, wie man eine Arbeitsgruppe aufbaut und leitet oder wie man erfolgreich publiziert. Ganz wichtig ist auch das Netzwerk, das ich knüpfen konnte. Als Leiter eines eigenen Labors pflege ich engen Kontakt nach Deutschland und inzwischen auch zur University of California; nicht zuletzt um fachlich und technisch auf der Höhe zu bleiben.

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In indonesischen Korallenriffen tauchte Hawis Madduppa nach Anemonenfischen und untersuchte Zellen ihrer Haut in Bremen

Seit Ihrer Rückkehr nach Indonesien haben Sie sich zu einem profilierten Experten in der Meereswissenschaft entwickelt. Wie sah Ihre Arbeit in den vergangenen vier Jahren aus?

Wichtig ist, dass ich ein eigenes molekular-genetisches Labor aufbauen konnte. Als ich an die Universität in Bogor kam, stellte man mir völlig leere Räume zur Verfügung. Damit hatte ich die Pflicht aber auch die Freiheit, ein eigenes Labor ganz neu zu gründen. Zunächst habe ich Geräte geliehen. Nach und nach konnte ich dann einen eigenen Gerätepark anschaffen. An unserer Universität gab es ein solches Labor vorher überhaupt nicht. Und landesweit sind wir eines der ganz wenigen Labore, die genetische Untersuchungen durchführen um die Artenvielfalt im Meer und die Veränderung von Populationen von Meeresorganismen zu erforschen. Wir arbeiten unter anderem an Manta-Rochen, Korallen oder auch Nudibranchiern, bunten Meeresschnecken.

Inwieweit ist Ihre Arbeit wichtig für den Umweltschutz in Indonesien?

Indonesien ist eine der artenreichsten Meeresregionen überhaupt. Es gibt hier 600 verschiedene Korallenarten und die größte Vielfalt an Riff-Fischen weltweit. Nach Schätzungen sind etwa 90 Prozent der Korallenriffe mehr oder weniger stark bedroht. Insofern gibt es für uns viel zu tun. Wir wollen die Lebensräume erforschen, ehe sie zerstört sind.

Kann man sagen, dass die Zeit in Deutschland den Grundstein für Ihre Arbeit in Indonesien gelegt hat?

Nicht nur das. Ganz besonders schätze ich auch die Arbeit des DAAD im Alumni-Bereich, bei der Betreuung ehemaliger Stipendiaten. In Indonesien stehen die Alumni aus ganz verschiedenen Fachbereichen in engem Kontakt. Im vergangenen Jahr habe ich einen vom DAAD ausgeschriebenen Alumni-Preis gewonnen – und durfte ein landesweites Alumni-Treffen hier in Bogor ausrichten. All das trägt heute dazu bei, dass ich mir als Forscher einen Namen machen und mich weiter profilieren kann. Nicht zuletzt schätze ich auch, dass der DAAD mich alljährlich mit einer Geldspende für den Kauf von Fachliteratur unterstützt. Auch damit kann ich fachlich auf der Höhe bleiben.

Mit 37 Jahren leiten Sie heute bereits ein Labor mit 65 Mitarbeitern. Inwieweit halten Sie ihre Mitarbeiter dazu an, selbst international aktiv zu sein?

Da ich gute Kooperationspartner an Hochschulen im Ausland habe, kann ich immer wieder Studenten in andere Labore schicken. Zum einen bringt ihnen das viel Erfahrung. Zum anderen können sie dort Technologien nutzen, die mir hier derzeit nicht zur Verfügung stehen. Und ich halte meine Mitarbeiter dazu an, sich ebenfalls um DAAD-Stipendien zu bemühen. Ich bin heute noch stolz darauf, diese Gelegenheit gehabt zu haben. Das Stipendium hat meiner Karriere zweifellos einen entscheidenden Schub gegeben.

Interview: Tim Schröder (28. Dezember 2016)