Zehn Jahre Internationale DAAD-Akademie: „Wissen für Wissenschaftskooperationen“

iDA/Michael Jordan

Das iDA-Team: Freude über das Erreichte, bereit für die Zukunft

Seit 2006 unterstützt die Internationale DAAD-Akademie (iDA) Hochschulen und ihre Mitarbeiter bei der Umsetzung ihrer Internationalisierungsstrategien mit einem hochwertigen Weiterbildungsangebot. Aus Anlass des iDA-Jubiläums fand in Bonn eine zweitägige Konferenz statt, die im Zeichen der wissenschaftlichen Reflexion und des Austauschs über Rahmenbedingungen und Praxis der Internationalisierung an den Hochschulen stand.

Wer ist ein „Weltbürger“? Wie definiert man das neue Weltbürgertum? Gibt es eine globale Elite mit wechselnden Arbeitsorten und weltweit funktionierenden Netzwerken? Oder sollte man besser von „Bürgern der Welt“ sprechen, weil diese Formulierung Begriffen wie „global citizenship“ näher kommt als der häufig in den Medien zitierte „Weltbürger“? Bei diesem handle es sich vielleicht nur um die Variante „elitärer Vielfaltskonsument“, wie es Professor Christoph Antweiler von der Universität Bonn anschaulich beschrieb. Damit hatte der Ethnologe den kritischen Tonfall getroffen, den sich iDA-Leiterin Dr. Gabriele Althoff für das von ihr moderierte Panel „Bürger der Welt“ auf der iDA-Jubiläumstagung gewünscht hatte.

10 Jahre Internationale DAAD-Akademie (iDA)

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DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland begrüßte die Tagungsteilnehmer

Auch Wilfried Raussert, Professor für Nordamerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft und InterAmerikanische Studien an der Universität Bielefeld, nahm ihr Stichwort von der „Erziehung zur globalen Verantwortung“ auf und plädierte dafür, in Wissenschaft und Forschung mehr „die dialogischen und horizontalen Möglichkeiten“ zu nutzen. Sérgio Costa, Professor für Soziologie am Lateinamerika-Institut der FU Berlin, lag besonders daran, das Plenum für die herrschende Ungleichheit bei der vermeintlich machtneutralen Wahrnehmung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu sensibilisieren. Er verdeutlichte das am Beispiel eines weißen, männlichen Laborchefs und einer Heilerin aus Benin: Wenn Erstgenannter zu einem Ergebnis komme, gelte automatisch ein universeller Wahrheitsanspruch. Wenn die Heilerin dagegen ihr Wissen kundtue, sei man geneigt, dieses in seiner Wahrheit und Wirkung als lokal beschränkt zu betrachten. 

Stärken der iDA, des DAAD und seines weltweiten Netzwerks

„Mit Podiumsdiskussionen wie ‚Bürger der Welt‘, ‚Hochschulsysteme der Welt‘ oder auch ‚Die Welt in der Hochschule‘ haben wir Themen ausgewählt, die uns betreffen und die sich in unseren Seminaren und Workshops widerspiegeln“, erläutert Gabriele Althoff die Konzeption der Tagung. „Die Themenreihe Regionalkompetenz etwa zeigt die besonderen Stärken der iDA, des DAAD und seines weltweiten Netzwerks. Vor diesem Hintergrund lagen die Panels ‚Regionen der Welt‘ und ‚Sprachen und Kulturen der Welt‘ nah.“ Passend zu diesem Programm erklang am ersten Tagungsabend in einem Konzert der Hochschule für Musik Karlsruhe „Musik der Welt“ – von Mozart bis Piazzolla.

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Klangvoll: das Konzert der Hochschule für Musik Karlsruhe

Zu den Schwerpunkten der Internationalen DAAD-Akademie gehören auch aktuelle hochschulpolitische Themen in international vergleichender Perspektive, Seminare zur globalen Verantwortung und zu rechtlichen Fragen, außerdem Sprachkurse und interkulturelle Trainings. DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland bescheinigte der iDA auf der Jubiläumstagung ein erfolgreiches Angebot, das bisher von nicht weniger als 12.667 Vertretern der Hochschulen genutzt wurde und ihnen Impulse für ihre Arbeit im Bereich Internationalisierung gegeben hat. Dabei lobte sie die Bündelung der Kompetenzen in der DAAD-Akademie sowie den Dialog und Austausch mit den Vertretern der Hochschulen. „Wie schnell man auf neue Entwicklungen und Trends reagiert, hat das Sonderprogramm zur Begleitung geflüchteter Studierender gezeigt“, sagte die DAAD-Generalsekretärin. Das sei 2015 geradezu aus dem Boden gestampft worden und werde weiterhin fortgesetzt, fuhr Rüland fort und bedankte sich beim gesamten iDA-Team für die hohe Motivation und das große Engagement. 

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Lob und Dank: Dorothea Rüland während ihrer Rede

Wie wichtig den von der iDA angesprochenen Hochschulangehörigen internationale Vielfalt und Verantwortung ist, wurde während der Tagung mehrfach deutlich. So forderten die Diskutanten des Panels „Hochschulsysteme der Welt“ ausdrücklich, dass die Regionalkompetenz des DAAD weiterhin zur Geltung komme. Bei allen Fortschritten der Hochschulen in der Internationalisierung zeigte sich zudem, dass sich ihre Aufgaben nicht in Lehre und Forschung erschöpfen sollten: Während der Podiumsrunde „Die Welt in der Hochschule“ plädierte etwa Dr. Stefan Bildhauer, Leiter des International Office der Universität zu Köln, leidenschaftlich dafür, dass die Hochschulen noch mehr soziale und globale Verantwortung übernehmen müssten.

Impulse für zukünftige Themen

Den Organisatoren der Jubiläumstagung war es wichtig, die Konferenz für eine theoretische Reflexion der Arbeit der Akademie zu nutzen, erklärt iDA-Leiterin Gabriele Althoff: „Wenn wir Internationalisierung ernst nehmen, müssen wir mehr wissen als das, was unmittelbar anwendbar ist.“ Außerdem erhoffe man sich Impulse  für zukünftige Themen und Formate.

So setzte sich Professor Rudolf Stichweh, Direktor des Forums Internationale Wissenschaft (FIW) der Universität Bonn, mit der Frage „Wie viel Wissenschaft (Theorie) braucht die Internationalisierung?“ auseinander. Er antwortete darauf mit einer „wissenschaftlich-theoretisch inspirierten Beschreibung“ der Organisationsform Universität und verwies im Verlauf seines Vortrags auf die weltweite Erfolgsgeschichte des Modells Universität. Mit Blick auf Wachstum („Neuproduktion von Wissen“), Verbreitung und quasi naturgemäßer Internationalität („Inklusion als globale Norm“) könne es keine wirtschaftliche Institution mit der Universität aufnehmen.

„Reproduktion der Eliten“?

Stichwehs systematische Abhandlung erntete gleichermaßen Zustimmung und Widerspruch. Vor allem das anschließende Panel „Regionen der Welt“, moderiert von Dr. Klaus Birk, Bereichsleiter „Wissen und Netzwerk“ beim DAAD, stellte die These von der weltweiten Inklusionsleistung der Universität infrage. So müsse man konstatieren, dass mancherorts eher von einer „Reproduktion der Eliten“ die Rede sein könne und der Besuch einer Universität häufig der jeweiligen Oberschicht vorbehalten bleibe. Ausgehend vom „Privileg des DAAD noch überall in der Welt präsent zu sein“ und von der DAAD-Strategie „2020“ mit den übergeordneten Zielen „Stipendien für die Besten“, „Weltoffene Strukturen“ und „Wissen für Wissenschaftskooperationen“, wie es Klaus Birk eingangs formulierte, diskutierten DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland, Professor Katharina Al-Shamery von der Universität Oldenburg, Professor Günther Maihold, stellvertretender Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin und Professor Robert Kappel vom German Institute of Global and Area Studies (GIGA) Hamburg über die Besonderheiten und den Nutzen von Wissenschaftskooperationen. Dabei fokussierten sie sich auf die Kooperation mit Industrieländern (Al-Shamery), Schwellenländern (Maihold) und Entwicklungsländern (Kappel).

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Diskussionsfreudig (v. l.): Klaus Birk, Robert Kappel und Günther Maihold

Katharina Al-Shamery gab ein klares Bekenntnis zur Elite: „Wir wollen die klügsten Köpfe und wir wollen von ihnen lernen.“ Günther Maihold verwies darauf, dass Schwellenländer den Ausbau des Bildungssektors häufig stark unter der Prämisse des Entwicklungsmotors sehen würden und dass dies gelegentlich mit dem westlichen Verständnis von Freiheit der Forschung und Lehre kollidiere. Robert Kappel machte deutlich, dass in einigen Entwicklungsländern im Hinblick auf Infrastruktur und Ausstattung der Hochschulen ein enormer Aufholbedarf bestehe. Man müsse in der Regel einen langen Atem haben und auch auf die Initiativen aus den dortigen Ländern setzen, damit eine „regionale Strahlkraft“ entstehen könne.

Der Blick auf die vielgestaltigen Partner der Internationalisierung deutscher Hochschulen gab DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland die Gelegenheit, auf das Leitbild des DAAD zu verweisen, das auch und gerade bei schwierigen politischen und wirtschaftlichen Bedingungen gelten würde – und sich in konkreten Maßnahmen wie der Subsahara-Afrika-Strategie des DAAD zeige: „Wir sind überzeugt, durch Hochschulkooperationen Brücken zu bauen, Verbindungen zu schaffen und Verständigung zu erreichen.“

Claudia Wallendorf (20. Dezember 2016)

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