Hochschulforum Digitalisierung: Abschlusskonferenz als Auftakt

David Ausserhofer/Hochschulforum Digitalisierung

Internationalisierung und Marketingstrategien: Über das Schwerpunktthema des Hochschulforums Digitalisierung sprachen in Berlin Moderator Armin Himmelrath, DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland, Peter Greisler, Leiter der Unterabteilung Hochschulen im Bundesministerium für Bildung und Forschung, und Hiltraud Casper-Hehne, Vizepräsidentin für Internationales der Universität Göttingen

Seit 2014 begleitet ein Gremium aus 70 Experten im „Hochschulforum Digitalisierung“ den digitalen Wandel an deutschen Hochschulen. Auf der Abschlusskonferenz in Berlin legten sie ihre Empfehlungen vor. Zugleich wurde deutlich: Das vielseitige Nachdenken über den digitalen Wandel bleibt wertvoll und wird weitergehen.

Dr. Volker Meyer-Guckel, der stellvertretende Generalsekretär des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft, sprach in seiner Begrüßung ganz bewusst von einer „Zwischenbilanzkonferenz“. Wie groß und anhaltend das Bedürfnis nach Austausch über den digitalen Wandel und seine Gestaltung in der Hochschullandschaft ist, machten schon die über 500 Anmeldungen zur Konferenz in Berlin deutlich. Sie sollte zumindest ein vorläufiges Fazit zur Arbeit des Hochschulforums Digitalisierung (HFD) ziehen. Der vom Stifterverband, der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und dem CHE (Centrum für Hochschulentwicklung) organisierte „Think Tank“ für Fragen der Digitalisierung hat nach drei Jahren seinen vorläufigen Abschluss in zahlreichen Empfehlungen gefunden: auf der Grundlage einer enormen Vielfalt an Analysen, Debatten, Diagnosen und Antworten, die nun alle zum Nachlesen analog und digital bereit stehen.

Abschlusskonferenz des Hochschulforums Digitalisierung

David Ausserhofer/Hochschulforum Digitalisierung

Mit dem Blick für den digital turn: die Teilnehmer der Abschlusskonferenz im Allianz Forum

Die 70 ehrenamtlich für das HFD tätigen Experten erarbeiteten diese Empfehlungen in den vergangenen drei Jahren in sechs Themengruppen. Sie empfehlen nun den Hochschulen Strategien, wie man im Zeitalter der Digitalisierung das Profil einer Hochschule schärfen, die Curricula neu designen, die ‚analoge‘ Lehre anreichern, die digitale Lehre qualitativ verbessern, die Dienstleistungen erweitern und die Internationalisierung der Hochschulen und ihr Marketing unterstützen kann. Patin der Themengruppe „Internationalisierung & Marketingstrategien“ ist DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland. „Man kann und muss die Mobilität der Studierenden und Wissenschaftler mit Hilfe der Digitalisierung flankieren und wird so erhebliche Qualitätsverbesserung erreichen“, sagte sie. Dass Professoren aus der ganzen Welt als Dozenten „zugeschaltet“ werden könnten, nannte sie als ein konkretes Beispiel. „So bieten Sie Ihren Studierenden Möglichkeiten, die sie anderswo nicht erhalten könnten.“ Zudem, so Rüland, seien digitale Module in internationalen Forschungskooperationen kein Spielzeug, sondern vielmehr wirksame Instrumente: „Man muss Internationalisierung und Digitalisierung zusammendenken.“ Auch das internationale Hochschulmarketing hat die Digitalisierung laut der DAAD-Generalsekretärin längst erfasst: „Es ist im Bereich Marketing heute völlig selbstverständlich, dass Webinare und virtuelle Messen durchgeführt werden.“

Digitalisierung und Internationalisierung zusammendenken!
Es bleibt viel zu tun: So hat zum Beispiel eine im Rahmen des HFD durchgeführte Internetrecherche an deutschen Hoch­schulen mit Promotionsrecht gezeigt, dass von 143 Institutionen 124 Strategiepapiere mit Verweis auf Internationalisierung oder explizite Internationalisierungsstrategien aufweisen – von diesen beinhalten jedoch nur 21 einen direkten Bezug zu digitalen Medien und Digi­talisierung im weiteren Sinne. Eine anschließende explorative Online­befragung zum strategischen Einsatz der Digitalisierung für die Internationalisierung an diesen Hochschulen ergab, dass digitale  Medien bislang vor allem zur Betreuung internationaler Studierender, für das Marketing und die Rekrutierung eingesetzt werden. Im Kontext der Lehre finden sich nur vereinzelte Beispiele. Auch das Potenzial digitaler Medien in der Internationalisierung wird vorrangig im Feld des Marketings gesehen, allerdings eng gefolgt von der Verbesserung und der Internationalisierung der Lehre sowie von der Fremdsprachenausbildung und der Förderung der Studierendenmobilität. Der Abschlussbericht der Themengruppe Internationalisierung & Marketingstrategien wirbt für einen planvollen Ansatz, der es ermöglicht, die verschiedenen Chancen der Digitalisierung umfassend zu nutzen: „Zentrales Ergebnis der Arbeit ist, dass Hochschulen die Digitalisierung und die Internationalisierung von Lehre und Marketing strategisch zusammenführen und -denken müssen.“

Abschlusskonferenz des Hochschulforums Digitalisierung

David Ausserhofer/Hochschulforum Digitalisierung

Entscheider für den digitalen Wandel: Jörg Dräger, Geschäftsführer des CHE und Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, der stellvertretende Generalsekretär des Stifterverbands Volker Meyer-Guckel und der Vorsitzende des CHE-Beirats Joachim Metzner

Aufgabe der Politik sei es, so der Abschlussbericht weiter, Anreize für diese Zusammenführung zu schaffen: „Als zentrales und zunehmend wichtiges Thema der Hochschulentwicklung muss es in den Zielvereinbarungen mit den Hochschulen verankert werden.“ Auch fordert der Bericht einen Rechtsrahmen, „um digitale Werkzeuge für eine individuelle, qualitative Auswahl der besten internationalen Studieren­den einzusetzen“.

Hochschulen als „Treiber der Entwicklung“

Auf der Berliner Konferenz gab es durchaus deutliche Signale der Unterstützung durch die Politik. Dr. Martina Münch, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, griff das Engagement des Forums auf und ermutigte die Hochschulen, ihre Haltung gegenüber der Digitalisierung nicht allein von Pragmatismus leiten zu lassen. „Das wird der Herausforderung nicht immer gerecht.“ Stattdessen müssten vor diesem Hintergrund auch Bildungsziele kritisch überprüft oder infrastrukturelle und rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. „Die Hochschulen sind hier ein Treiber der Entwicklung und gestalten sie aktiv mit.“

Bundesbildungsministerin Professor Johanna Wanka bescheinigte den vom HFD vorgelegten Empfehlungen viel Weitsicht. Die Chancen der Digitalisierung würden deutlich und sie betonte: „Wir müssen vom taktisch Sinnvollen ausgehen, nicht nur vom technisch Machbaren.“ Gleichzeitig stünden im digital turn weitere Themen für die Hochschulen an, wie etwa der Datenschutz, die richtige Balance zwischen Sicherheit und Verfügbarkeit. Und, so die Ministerin: „Wir brauchen ein klares Bekenntnis der Hochschulen zum strukturellen Einsatz der digitalen Bildung in der Hochschulbildung.“ Dem HFD sicherte sie weitere finanzielle Unterstützung zu.

Digitalisierung, so wurde deutlich, ist das Thema der Zeit, da es die Gesellschaften grundlegend verändert – vergleichbar vielleicht nur mit der Erfindung des Buchdrucks. Die Hochschulen, so Volker Meyer-Guckel, seien hier besonders gefragt: als „Impulsgeber für Innovation. Als maßgebliche Bildungsinstitution für eine vernetzte Wissensgesellschaft stehen sie ganz vorne bei diesem Wandel, den es zu gestalten gilt.“

Bettina Mittelstraß (6. Dezember 2016)