Wissenschaftlicher deutsch-italienischer Austausch: Verleihung des Mittner-Preises 2016

DAAD-Informationszentrum Rom/Michele Crispo

Preisverleihung 2016, v.l.n.r.: Dr. Lutz Klinkhammer (DHI Rom), Dr. Paolo Fonzi (U Neapel), Dr. Gisela Schneider (DAAD), Dr. Marica Tolomelli (U Bologna), Prof. Alberto De Bernardi (U Bologna)

Am 16. November erhielten Prof. Marica Tolomelli und Dr. Paolo Fonzi ex aequo den Ladislao Mittner-Preis 2016. Die Preisträger wurden für ihre Verdienste im wissenschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und Italien im Bereich der Geschichtswissenschaft geehrt. Dr. Gisela Schneider, Bereichsleiterin Überregionale Stipendienprogramme im DAAD, überreichte den Preis im Rahmen der jährlichen Tagung der italienischen Gesellschaft für zeitgenössische Geschichte des deutschen Sprachraums (SISCALT) in der Stiftung Luigi Einaudi in Turin.

Maricas Tolomellis erster akademischer Kontakt mit Deutschland geht auf einen Aufenthalt als Erasmusstudentin an der Universität Bielefeld zurück. Sie kehrte dann nach Bologna an ihre Heimatuniversität zurück, um ihr Studium mit einer Arbeit zu dem Thema Frauen und Arbeit in der DDR abzuschließen. Für ihre Promotion ging sie erneut an die Universität Bielefeld. In ihrer Doktorarbeit verglich sie die 68er Studenten- und Arbeiterbewegung in Italien und Deutschland. Im Kontext ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Bologna, die sich daran anschloss, erhielt Tolomelli ein DAAD-Stipendium für einen Forschungsaufenthalt an der Universität Bochum. Sie wurde sodann Professorin an der Universität Bologna, wo sie schon davor den deutsch-italienischen Masterstudiengang „BiBog“ in Geschichte und Orientalistik gegründet hatte, den sie bis heute koordiniert. In ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit, deren Ergebnisse u. a. in sechs Monographien nachzulesen sind, widmet sich Tolomelli der Untersuchung sozialer Bewegungen in demokratischen Ordnungen, der Erforschung politischer Kulturen und politischer Gewalt sowie der Analyse der Frauenpräsenz in der Öffentlichkeit. In ihrem Werdegang hat sie dazu beigetragen, Methoden und Ansätze der Bielefelder „historischen Schule“ in Italien bekannt zu machen. In der Laudatio unterstrich Prof. Alberto De Bernardi ihren komparatistischen Ansatz im transnationalen Kontext und ihre Verdienste im deutsch-italienischen wissenschaftlichen Austausch.

Der Nachwuchswissenschaftler Dr. Paolo Fonzi studierte Philologie an der Universität Federico II. in Neapel. Ein DAAD-Forschungsstipendium führte ihn an die Humboldt-Universität Berlin und öffnete ihm die Türen für eine Promotion in Cotutelle in Neapel und Berlin. Das Thema seiner Doktorarbeit war der monetäre Plan der nationalsozialistischen Großraumwirtschaft. Daran schlossen sich wissenschaftliche Aufenthalte in Australien, Griechenland und Deutschland an. Dabei stellte die Untersuchung der deutsch-italienischen Besetzung Griechenlands während des Zweiten Weltkriegs einen seiner Forschungsschwerpunkte dar. Fonzi forscht zur Zeit an der Harvard University über die deutsche Wahrnehmung der Hungersnot in Ukraine und im Nordkaukasus am Anfang der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. 2015 erhielt er die Abilitazione zum Professore Associato, die italienische Entsprechung der Habilitation für eine W2-Professur. PD Dr. Lutz Klinkhammer vom Deutschen Historischen Institut Rom stellte in seiner Laudatio die fachlichen Verdienste Fonzis sowie seine didaktische Qualifikation dar. Er hob ferner die breitgefächerten Sprachkenntnisse des Preisträgers – unter anderem Griechisch - als weiteren Schlüssel seiner internationalen Forschungsausrichtung hervor.

Zur Fachkommission, die die Preisträger aus mehr als zwanzig Kandidaten ausgewählt hat, gehörten fünf Professoren aus italienischen und deutschen Universitäten und Forschungsinstituten: Prof. Dr. Martin Baumeister (Deutsches Historisches Institut Rom), Prof. Dr. Ingrid Baumgärtner (Universität Kassel), Prof. Andrea D‘Onofrio (Università degli Studi di Napoli Federico II), Prof. Brunello Mantelli (Università degli Studi di Torino / Università degli Studi di Messina) und Prof. Marco Paolino (Università degli Studi della Tuscia).

An der Preisverleihung nahmen auch drei frühere Preisträger teil: der Philosophiewissenschaftler, Prof. Massimo Ferrari, erster Mittner-Preisträger aus dem Jahr 2002, Prof. Marcella Costa, germanistische Sprachwissenschaftlerin an der Universität Turin und Preisträgerin des Jahres 2010 sowie Prof. Andrea D’Onofrio von der Universität Federico II. in Neapel, Preisträger 2004 für zeitgenössische Geschichte sowie Präsident der SISCALT – und somit Gastgeber der Veranstaltung.

Autorin: Dr. Valentina Torri, Leiterin des DAAD-Informationszentrums Rom