Interkultureller Austausch im Klassenzimmer: „Europa macht Schule“ feiert zehnjähriges Bestehen

DAAD/Tobias Rücker

Unterwegs nach Paris und anderswohin: "Europa macht Schule" bringt Schüler und Studierende zusammen

Für Toleranz und Aufgeschlossenheit: Seit zehn Jahren bringt das vom DAAD koordinierte und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Programm „Europa macht Schule“ europäische Gaststudierende und Schüler zusammen. Wie wertvoll dieser Einsatz gerade in Krisenzeiten ist, wurde während des Berliner Festakts zum Jubiläum deutlich.

Wenn Tuğçe Akarsu an ihre Zeit beim Programm „Europa macht Schule“ zurückdenkt, fängt sie gleich an zu strahlen. „Ich war total begeistert von der Idee, deutsche Schüler kennenzulernen und ihnen etwas über die Türkei zu erzählen.“ Die junge Türkin war Gaststudierende in Regensburg und arbeitete dort in einem Projekt mit Schülern einer 10. Klasse zusammen. Sie diskutierte mit ihnen über Stereotype und Vorurteile über die Türkei. Bei einem Planspiel zur Flüchtlingskrise schlüpften die Schüler in die Rolle politischer Delegationen aus Deutschland, der Türkei oder Frankeich sowie internationaler oder türkischer Hilfsorganisationen. So lernten die Schüler viel über die Türkei und die EU-Politik. Tuğçe Akarsus Fazit: „Die Schüler waren aufgeschlossener und toleranter gegenüber anderen Kulturen, als es ältere Generationen sind. Nach dem Projekt bin ich überzeugt, dass es Hoffnung für eine gemeinsame Zukunft gibt.“

Festakt zu 10 Jahre "Europa macht Schule"

DAAD/Tobias Rücker

Ausgezeichnet: Vertreter preisgekrönter "Europa macht Schule"-Projekte, eingerahmt von Staatssekretär Rachel (l.) und DAAD-Generalsekretärin Rüland (r., hintere Reihe)

Das Regensburger Projekt war eines von vielen, die beim Festakt zum zehnjährigen Bestehen des Programms „Europa macht Schule“ am 19. September in Berlin vorgestellt und ausgezeichnet wurden. Das Programm bietet europäischen Gaststudierenden und deutschen Schulklassen eine besondere Erfahrung: In gemeinsamen Projekten lernen sie sich kennen und erhalten einen authentischen Einblick in die Kultur des anderen. Zum Festakt hatte der DAAD in Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung eingeladen. Ehemalige Gaststudierende aus ganz Europa sowie Studierende, Schüler und Lehrer, die sich für das Programm engagieren, waren gekommen.

In den vergangenen zehn Jahren hat „Europa macht Schule“ viele junge Menschen zusammengebracht: Seit dem Start sind mehr als 1.500 europäische Gaststudierende als kulturelle Botschafter ihres Heimatlandes in deutsche Schulen gekommen. Von ihnen haben gut 35.000 deutsche Schülerinnen und Schüler in rund 1.400 Projekten mehr über das Heimatland des Gaststudierenden erfahren. Das BMBF fördert das vom Verein „Europa macht Schule“ getragene Programm, der DAAD koordiniert es. Der Pädagogische Austauschdienst (PAD) unterstützt das Programm darüber hinaus in der Zusammenarbeit mit den Schulen.

„Zusammenhalt muss gelebt werden“

Welche wichtige Bedeutung das Programm angesichts derzeitiger Krisen in Europa wie zum Beispiel dem Brexit hat, betonte Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär  im Bundesministerium für Bildung und Forschung: „Die politische Situation in Europa macht deutlich, dass der Zusammenhalt in Europa von den Menschen gedacht und gelebt werden muss. Das Programm ‚Europa macht Schule‘ zeigt eindrucksvoll, wie aus gegenseitigem Verständnis Begeisterung für Europa werden kann.“ Rachel unterstrich, wie wichtig es ist, durch Aktivitäten wie „Europa macht Schule“ Gemeinsamkeiten und Unterschiede kennenzulernen, anzuerkennen und zu akzeptieren. „Nur so kann es uns auch gelingen zu zeigen, wie vielfältig, wie bunt und wie schön Europa letztlich sein kann.“

Von dem Programm profitieren sowohl die Gaststudierenden als auch die Schüler, hob DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland beim Festakt hervor. „Die Kinder und Jugendlichen lernen eine andere Kultur aus erster Hand und ganz persönlicher Perspektive kennen. Darüber hinaus erfahren sie von den Möglichkeiten der europäischen Mobilitätsprogramme, die sie später vielleicht selbst wahrnehmen.“ Sie dankte nicht nur Gaststudierenden, Lehrern und Schülern für ihr Engagement, sondern insbesondere auch dem Verein „Europa macht Schule“, der das Programm 2006 ins Leben gerufen hat.

Etwas an Europa zurückgeben

Unter dem Dach des Vereins setzen ehrenamtliche Teams das Programm an über 30 Standorten in ganz Deutschland um und werben Gaststudierende. Sie stellen die Verbindung zur jeweiligen Schule und den Lehrern her und betreuen die Projekte. „Ich möchte vor allem Gastfreundschaft und interkulturelle Erfahrungen zurückgeben, die ich sie selbst erlebt habe“, erzählte beispielsweise Daniel Kaspari, Mitglied im Bonner Team, seine Motivation.

Festakt zu 10 Jahre "Europa macht Schule"

DAAD/Tobias Rücker

Botschafter sein: "Europa macht Schule" verbindet und inspiriert

Wie kreativ und erfolgreich die Teams sind, wurde anhand der Projekte deutlich, die beim Festakt neben den zehn aktivsten Standorten und zehn engagiertesten Schulen ausgezeichnet wurden. So lernten beispielsweise Erstklässler in Marburg von zwei Gaststudierenden polnische Städte und ihre Legenden kennen. In Hamburg beleuchteten die Schüler zusammen mit einer Studentin die italienische Modewelt und verfassten Artikel darüber. In Regensburg stellten zwei französische Studentinnen und Schüler einer 10. Klasse ein Theaterstück mit dem Titel „Frankreich und Deutschland: Aus Feinden werden Freunde“ auf die Beine.

Für seine hervorragenden Projekte wurde „Europa macht Schule“ bereits mehrfach ausgezeichnet. So erhielt beispielsweise der Prager Standort den Europäischen Jugendkarlspreis. Andere Länder wie Tschechien, Polen und Finnland haben nach dem Vorbild von „Europa macht Schule“ vergleichbare Programme eingeführt. Damit wird die Idee weitergetragen, die der Schirmherr des Programms, Bundespräsident Joachim Gauck, in einem Grußwort für den Festakt besonders lobte: „Das Europäische Einigungswerk lebt stets von der Begegnung, gerade junger Menschen. ,Europa macht Schule‘ leistet dazu einen wichtigen Beitrag.“

Hendrik Bensch (27. September 2016)

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