„DAAD-Lektoren berichten aus…“: Ulan Bator – Christian Kellner

Christian Kellner

Mit Blick nach Deutschland: Christian Kellner mit Studentinnen

Zwischen Jurten und Glasfassaden: DAAD-Lektor Christian Kellner trifft in der Mongolei auf Gegensätze. Und auf Studierende, die schnell ihre Schüchternheit ablegen.

In Christian Kellners Kühlschrank steht eine Flasche gegorene Stutenmilch. Sie ist Bestandteil der traditionellen mongolischen Küche. „Allerdings wird sie im Alltag kaum getrunken, sondern eher seltener, etwa auf Festen“, sagt der 33-jährige DAAD-Lektor in Ulan Bator. Die Flasche war die Gabe einer mongolischen Familie, die er einmal in ihrer Jurte besuchte. „In der Mongolei ist es üblich, dass Gastgeber ihre Gäste beschenken.“ Er habe mal einen Schluck von der Stutenmilch probiert, erzählt Kellner. Das war, naja, für den europäischen Geschmack doch recht ungewöhnlich.

So wie vieles in der Mongolei, dem dünn besiedelten zentralasiatischen Land zwischen Russland und China. Die Hälfte der knapp drei Millionen Einwohner lebt in der Hauptstadt Ulan Bator, wo Christian Kellner seit September 2015 als DAAD-Lektor tätig ist. Zuvor hatte er in Bonn Philosophie, Germanistik und Deutsch als Fremdsprache studiert und für den DAAD ein Jahr in Äthiopien gearbeitet. In Ulan Bator stehen neben Bürotürmen mit schicken Glasfassaden noch die Jurten, die traditionellen Wohnzelte der nomadischen Viehzüchter. „Oft gibt es Stau, weil die Straßen zu eng sind für den Verkehr. In den vergangenen Jahren hat er stark zugenommen“, erzählt Christian Kellner.  

Er gibt pro Woche 20 Deutschstunden an der Nationaluniversität der Mongolei, die staatlich ist, und an der privaten Universität für Geisteswissenschaften. Von den 150 Germanistikstudierenden zwischen 17 und 22 Jahren, die Kellner unterrichtet, leben manche noch in Jurten. „Nachdem sie zunächst bei mongolischen Kollegen Deutschunterricht genommen haben, bin ich für viele der erste Muttersprachler, den sie treffen“, sagt er. „Deshalb sind sie erst einmal schüchtern, schaffen es aber dann schnell, ihre Probleme mit der Aussprache zu überwinden.“ Dabei helfen neben dem Unterricht bei Christian Kellner auch der Deutschlandfunk und die Deutsche Welle sowie die sozialen Netzwerke.

Rasante Transformation

„Das Bild, das meine Studenten von Deutschland haben, ist stark von seiner Wirtschaftskraft geprägt“, sagt der DAAD-Lektor. „Viele denken sofort an Qualitätsware wie Autos, obwohl in Ulan Bator gar nicht so viele deutsche Fahrzeuge unterwegs sind. Sie staunen darüber, wie geordnet es in Deutschland zugeht.“ Insgesamt drei DAAD-Lektoren sind in Ulan Bator tätig. Da es in der 1,4-Millionen-Einwohner-Stadt kein DAAD-Informationszentrum gibt, übernehmen Kellner und seine Kolleginnen etliche Verwaltungsaufgaben.

Darauf war Christian Kellner von Anfang an eingerichtet. „Mein Traum war es, im Ausland zu arbeiten“, sagt er. „Mir war klar, dass auch in der Mongolei die Lebensumstände ganz anders als in Deutschland sein würden und dass ich meine Ansprüche herunterschrauben müsste.“ Doch der ehemalige Ostblock-Staat Mongolei befindet sich in einer Transformation zur Marktwirtschaft. Das Land verändert sich rasant; der Alltag ist spannend. Und an internationalen Kontakten hatte Christian Kellner schon immer Interesse. Etwa an der Uni Bonn, wo er unter anderem Freundschaften mit Studierenden aus Taiwan schloss. Heute genießt er es, in der Arbeit mit seinen mongolischen Studierenden Neues zu entdecken. „Und immer strahlt die Sonne“, sagt Christian Kellner, „auch wenn das Thermometer im Winter auf minus 35 Grad sinkt.“

Josefine Janert (13. September 2016)