30 Jahre Procope-Programm: Netzwerke der Zukunft

François-Xavier Thiebaud

Austausch und Diskussion: Bei der bilateralen Tagung in der Französischen Botschaft Berlin kamen die Teilnehmer ins Gespräch

„Bilaterale Forschungsgruppen als Erfolgsmodell“: 1986 wurde das Austauschprogramm Procope (PPP Frankreich) zwischen dem DAAD und der französischen Regierung vereinbart. Eine Tagung am 2. Juni in Berlin zeigte die Bedeutung des Programms im europäischen Kontext auf. 

Das deutsch-französische Forschungsförderprogramm Procope, oder PPP Frankreich, besteht seit 30 Jahren. Mehr als 1.500 deutsch-französische Projekte wurden in dieser Zeit gefördert; allein auf deutscher Seite konnten sich fast 10.000 Nachwuchsforscher international qualifizieren. Aus diesem Anlass fand am 2. Juni 2016 in der Französischen Botschaft in Berlin eine Tagung mit hohen Vertretern des deutschen und französischen Bildungswesens und der europäischen Forschungslandschaft statt.

Anne-Marie Descôtes, Generaldirektorin für Globalisierung, Kultur, Bildung und internationale Entwicklung im französischen Außenministerium und ehemaliges Mitglied der Procope-Kommission, war erfreut darüber, die Tagung eröffnen zu können. Als ehemalige DAAD-Stipendiatin empfinde sie „eine tiefe Dankbarkeit“ für den DAAD. Sie zeigte sich begeistert vom Procope-Programm: „Das Tolle an diesem Programm ist, dass neue Netzwerke geschaffen werden, dass die Ergebnisse in internationalen wissenschaftlichen Zeitungen publiziert werden und dass am Ende eines Projekts oft eine neue Kooperation entsteht“, sagte sie.

Eine zentrale Rolle im europäischen Kontext

Procope gehört auf französischer Seite zur Hubert-Curien-Partnerschaft, die nach dem ehemaligen französischen Forschungsminister und Physiker benannt ist. Das Programm wurde 1986 von dem DAAD und dem französischen Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und Internationale Entwicklung ins Leben gerufen und wird auf deutscher Seite aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert. Procope fördert den wissenschaftlichen und technologischen Austausch von Forschungsgruppen der beiden Länder und steht allen wissenschaftlichen Bereichen offen, einschließlich der Geistes- und Sozialwissenschaften. Ein besonderes Augenmerk liegt darauf, Nachwuchsforscher mit erfahrenen Forschern zusammenzubringen. Seit der Einführung des Procope-Programms wurden durchschnittlich 138 Projekte im Jahr umgesetzt.

Neben der bilateralen Komponente ist die deutsch-französische Zusammenarbeit in der Forschung auch im europäischen Kontext bedeutend. Das Programm spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung europäischer Projekte und dient als Impulsgeber für die Akquise europäischer Fördermittel für die Forschung.

Dr. Dorothea Rüland, Generalsekretärin des DAAD, betonte den positiven Einfluss von Wissenschaftskooperationen: „Europa befindet sich aktuell in einer schwierigen Lage. Aber Bildung kann Brücken bauen. Das Procope-Programm schafft Netzwerke der Zukunft. Und zwar nachhaltig: 30 Jahre sind schon ein Zeichen der Nachhaltigkeit“, sagte sie in Berlin.

Fruchtbare Projekte in internationalen Teams

Die Erfahrungsberichte der Procope-Teilnehmer in Berlin zeigten, wie bemerkenswert und vielseitig die Zusammenarbeit ist: Dr. Gilles Tredan, der im Forschungslabor für Analyse und Systemarchitektur in Toulouse arbeitet, hatte zum Beispiel dank des Procope-Programms mit deutschen Kollegen über dynamische Netzwerke geforscht. Er erklärte sein Projekt am Beispiel des Verkehrsknotenpunkts Ernst-Reuter-Platz in Berlin: „Dort im Kreisverkehr bewegen sich Fußgänger nur langsam und müssen oft an Ampeln warten, damit die Autos fahren können.“ Wie lange Fußgänger brauchen, um den Kreisverkehr zu durchqueren, hänge davon ab, in welche Richtung sie gingen und welche Ein- und Ausfahrten Autos nehmen. „Unser Ziel war es, dies zu berechnen und solche dynamischen Prozesse durch Graphen auf interaktiven Karten darzustellen“, erklärte Tredan.

Das Procope-Programm ermöglichte Gilles Tredan, die Ideen weiterzuentwickeln, die er 2011 am Ende eines ersten Forschungsaufenthalts in Berlin hatte. Er forschte mit einem Deutschen und einer Schweizerin im Team und genoss den Austausch: „Es ist wichtig, sich in einem multinationalem Team zu treffen – und zwar nicht nur auf Skype. Wir haben zu dritt ein gutes Gleichgewicht gefunden“, sagte er.

Nacht der Ideen im Institut français

Am 3. Juni, einen Tag nach der Tagung in der Französischen Botschaft in Berlin, fand im Institut français Berlin eine „Nacht der Ideen“ statt: Forscher, Wissenschaftler, Unternehmer und Künstler aus Frankreich und Deutschland präsentierten dort bis in die Morgenstunden ihre Ideen zum Thema Zukunft und Innovation. Mit Vorträgen, Diskussionsrunden, Filmen sowie Performances und Musik bot die Nacht der Ideen ein vielfältiges Programm. Beteiligt waren neben dem Institut français Berlin das Centre Marc Bloch, die Französische Botschaft und viele andere. Der DAAD finanzierte vier Doktoranden aus aktuellen Procope-Projekten die Teilnahme an einem „Science Slam“ im Rahmen der Nacht der Ideen, der live im Internet übertragen wurde.

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Institut français

Konzentrierte Zuhörer beim „Science Slam“ in der Nacht der Ideen im Institut français

In dreiminütigen Auftritten stellten zehn Doktoranden verschiedener Hochschulen dabei ihre Arbeiten vor. So erzählte beispielsweise Lisa Lehnen, aktuell Doktorandin an der Universität Greifswald, einem großen Publikum von der Bedrohung der Fledermausart „Kleine Hufeisennase“ durch die globale Erderwärmung. Lisa Lehnen erforscht, unter welchen klimatischen Konditionen sich die Fledermäuse gut entwickeln und wie viele dieser Art innerhalb einer Kolonie wandern. Dafür arbeitet sie mit einem Forschungslabor in Rennes in Westfrankreich zusammen. „Das Programm ist gut für den Austausch und auch dafür, seinen Blickwinkel zu ändern“, ergänzte sie. Sie freue sich schon darauf, noch zwei Mal nach Rennes zu fahren, sagte sie nach einem für alle Seiten amüsanten und aufschlussreichen Auftritt beim Science Slam. 

Fanny Steyer (8. Juni 2016)