Die GUtech in Oman: Leuchtturmprojekt der Transnationalen Bildung

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Gruppenbild der Absolventen auf der vierten Graduierungsfeier der GUtech (Ausschnitt)

Die arabische Welt ist eine der wichtigsten Regionen für den Export von Bildung; in mehreren Ländern fördert der DAAD herausragende Projekte. Besonders etabliert ist die „German University of Technology – GUtech“, an der im Dezember 2015 bereits die vierte Graduierungsfeier stattfinden konnte. Dr. Stephan Geifes, im DAAD Leiter des Bereichs „Transnationale Bildung und Kooperationsprogramme“, war vor Ort. Im Interview spricht er über das hohe Ansehen der deutschen Hochschulbildung in der arabischen Welt und die erfolgreiche Entwicklung der GUtech.

Herr Dr. Geifes, die GUtech wurde im Jahr 2007 gegründet. Sie ist eines der ältesten und größten Projekte der vom DAAD geförderten Transnationalen Bildung. Warum konnte sich die Universität so gut etablieren?

Stephan Geifes: Ganz wesentlich ist die erfolgreiche Partnerschaft der GUtech mit der RWTH Aachen, deren herausragender Ruf auch in Oman wahrgenommen wird. Alle Studiengänge der GUtech basieren auf Curricula der RWTH. Diese Studiengänge wurden in den vergangenen Jahren sukzessive ausgebaut. Die Absolventen der verschiedenen Fachrichtungen sind von Unternehmen in der ganzen Region sehr gefragt. Dabei hat die forschungsbasierte, praxisorientierte Ausbildung an der GUtech eine entscheidende Bedeutung. Hinzu kommt die große Selbstständigkeit der Studierenden, die auch der Rektor der GUtech, Professor Michael Modigell, bei der Graduierungsfeier hervorgehoben hat. Diese Selbstständigkeit nehmen wir in Deutschland kaum als Besonderheit wahr, aber dass sie zu den Stärken unseres Hochschulsystems zählt, zeigt der Vergleich mit mehreren internationalen, oft auch sehr guten Hochschulsystemen.

Die GUtech ist nicht das einzige herausragende Projekt der Transnationalen Bildung in der arabischen Welt; auch in Ägypten und Jordanien begleitet der DAAD seit Langem TNB-Projekte. Hat die Region einen besonderen Stellenwert?

Die arabische Welt ist historisch eine der ersten Regionen für Transnationale Bildung mit deutscher Beteiligung. Schon lange bevor die Transnationale Bildung zum Thema wurde, gab es sehr intensive Beziehungen zwischen deutschen und arabischen Hochschulen. Persönliche Erfahrungen spielen eine wichtige Rolle. Professor Ashraf Mansour, der Gründer der German University in Cairo (GUC), hat zum Beispiel an der Universität Ulm promoviert und habilitiert. Und aus Tunesien, das sich sehr für ein weiteres  transnationales Bildungsprojekt interessiert, kommen seit den 1980er-Jahren die besten Abiturienten im Rahmen eines tunesischen Regierungsstipendienprogramms für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge nach Deutschland. Die deutsche Hochschullandschaft genießt in der arabischen Welt traditionell einen sehr guten Ruf, etwa durch ihre ausgezeichnete Ausbildung in technischen Studiengängen. Starke Praxisorientierung bieten bei Weitem nicht nur die deutschen Fachhochschulen – etwa die Hochschule Magdeburg-Stendal als Trägerin der German Jordanian University (GJU) oder die FH Aachen als Partnerin der Université Moulay Ismaїl in Meknès, Marokko – sondern auch die Universitäten. Gerade das Engagement der RWTH Aachen an der GUtech belegt das eindrucksvoll.

Was sind regionale Besonderheiten in Oman?

Unter Staatsoberhaupt Sultan Qabus wurden in den vergangenen Jahrzehnten große Investitionen in gesellschaftlichen Wandel und Infrastrukturen getätigt; die Bedeutung einer Hochschulbildung nach hohen, internationalen Standards wurde erkannt. Hier hat die GUtech als private Hochschule der Familie Al Salmi eine Vorbildfunktion für das ganze Land. Zwar drohen auch in Oman Haushaltseinschnitte durch den rapide gefallenen Ölpreis, aber grundsätzlich bietet das Land ein stabiles Umfeld für die Transnationale Bildung. Der GUtech wird große Aufmerksamkeit und Wertschätzung entgegengebracht. Sultan Qabus hat zum Beispiel den neuen, preisgekrönten Campus in Halban besichtigt. Rund um die Universität entsteht ein eigenes Viertel: Ein privates College wurde gebaut, ebenso ist ein Museum zur Geschichte der Wissenschaft in der arabischen Welt im Bau. Das ist allerdings keine Besonderheit des Oman: Auch rund um die GJU in Amman und die GUC in Kairo sind regelrechte Kristallisationszentren moderner städtischer Entwicklung entstanden.

GUtech: Interview mit DAAD-Bereichsleiter Dr. Stephan Geifes

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Aufsehenerregende Architektur: Blick in das Amphitheater des mehrfach ausgezeicheten GUtech-Hauptgebäudes

Wie hat sich das Studienangebot der GUtech entwickelt?

Unter den Graduierten waren 2015 erstmals Bachelor in den Studiengängen „Mechanical Engineering“ und „Process Engineering“; hinzu kommen Bachelorabsolventen in den Fächern „Urban Planning and Architectural Design“, „Applied Geosciences“, „Computer Sciences“ und „Environmental Engineering“. In „Petroleum Geoscience“ wurde der Masterabschluss vergeben. In den kommenden Jahren wird das Angebot der Studiengänge weiter wachsen, auch im Masterbereich. Die Durchführung von Promotionen ist ebenfalls vorgesehen. Die Promotionsordnung der GUtech gilt landesweit als vorbildlich. Das ist ein weiteres Beispiel, wie die GUtech weithin beachtete, neue Standards setzt.

Interview: Johannes Göbel (18. Januar 2016)

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Gewachsene Strukturen, preisgekrönte Architektur

Die German University of Technology (GUtech) wurde 2007 in Maskat, im Sultanat Oman, gegründet. Die RWTH Aachen unterstützt die GUtech bei der Entwicklung und Einrichtung von Studiengängen, beim Aufbau von Forschungsaktivitäten und eines an Aachener Maßstäben orientierten Qualitätsmanagementsystems. Bis 2012 wurde der Aufbau des Qualitätsmanagementsystems vom DAAD im Programm „Studienangebote deutscher Hochschulen im Ausland“ aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Seit 2013 erhält das Projekt die Förderung im Rahmen des Ergänzungsprogramms „Transnationale Bildung – Stärkung und Exzellenz durch Profilbildung“ (TNB-STEP).

Derzeit zählt die GUtech insgesamt rund 1.300 Studierende. „Erstmals ist die Zahl der Studierenden im Fachstudium höher als in den vorbereitenden Kursen“, berichtet DAAD-Bereichsleiter Stephan Geifes. Der DAAD fördert neben dem Aufbau von Strukturen auch Studienaufenthalte in Deutschland. Während der Unterricht an der GUtech englischsprachig ist, bietet die Universität zusätzlich Deutschkurse an. Der Lehrkörper ist international und wirkt auf einem Campus, dessen Hauptgebäude bereits mehrfach ausgezeichnet wurde, zuletzt mit dem German Design Award 2016 in der Kategorie „Excellent Communications Design – Architecture“. Das in nur 18 Monaten und innerhalb des Budgets fertiggestellte Projekt genüge, so die Jurybegründung, „höchsten qualitativen Ansprüchen. Es verbindet das omanische Kulturerbe mit den hohen Standards des deutschen Ingenieurbaus und ist ein gutes Beispiel für die heutige und zukünftige Identität der omanischen Architektur.“