DAAD-Alumni-Treffen in Teheran: „Große Bereitschaft, mit Deutschland zu kooperieren“

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DAAD-Generalsekretärin Dorothea Rüland, Botschafter Michael Freiherr von Ungern-Sternberg und die Alumni Pooyan Azadeh und Ali Fathollahzadeh

Gewachsenes Vertrauen, vielfältige Zukunftspläne: Der akademische Austausch mit dem Iran konnte vom DAAD auch in politisch schwierigen Zeiten aufrecht erhalten werden. So nahm etwa das DAAD-Informationszentrum Teheran bereits im April 2014 seine Arbeit wieder auf und konnte fünf Monate später durch DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel offiziell wiedereröffnet werden. Jetzt, zur Eröffnung des großen Alumni-Treffens „Sustainable Development: Visions of the Future“ in Teheran Mitte Oktober, betonte die DAAD-Präsidentin: „Der DAAD möchte dazu beitragen, den Austausch auch in Zukunft zu intensivieren.“ Das Treffen bot die wertvolle Gelegenheit zum persönlichen Austausch über die Potenziale der deutsch-iranischen Zusammenarbeit. „Die iranische Gesellschaft ist uns während unseres Aufenthalts sehr offen begegnet“, sagt DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland. Im Interview für „DAAD Aktuell“ spricht sie über ihre Eindrücke vor Ort, die Bedeutung der Alumni-Netzwerke im Iran und die Zukunft des deutsch-iranischen Austauschs.

Frau Dr. Rüland, die Überschrift des DAAD-Alumni-Treffens hat die Zukunft und eine „nachhaltige Entwicklung“ angesprochen. Abseits der wissenschaftlichen Fragen, die während des Treffens erörtert wurden: Für wie realistisch halten Sie einen stabilen, offenen Austausch mit dem Iran in den kommenden Jahren?

Dorothea Rüland: Ich habe auf jeden Fall den Eindruck gewonnen, dass das Interesse an Kooperation auf der akademischen Seite sehr groß ist. Die iranischen Hochschulen haben den weltweiten Stand der Forschung im Blick und wissen, dass sie sich internationalisieren müssen. Deutschland und der DAAD werden dabei offensichtlich als Partner geschätzt. Wir konnten während des Alumni-Treffens nicht nur viele Gespräche mit Wissenschaftlern und Studierenden führen, sondern auch mit Vertretern verschiedener Ministerien. Es gibt eine gewachsene Basis des Vertrauens für den kommenden Austausch. Natürlich kann ich nicht in die Zukunft blicken und etwa den Ausgang der iranischen Parlamentswahlen 2016 vorhersagen. Aber die iranische Gesellschaft ist uns während unseres Aufenthalts sehr offen begegnet, gerade die jungen Leute. Diese Entwicklung lässt sich meiner Meinung nach nicht einfach zurückdrehen.   

Sie sprechen das große Interesse der iranischen Wissenschaft am fachlichen Austausch an. Welche Rolle hat dieser Austausch während des Alumni-Treffens gespielt?

Das beherrschende Thema in der iranischen Wissenschaftslandschaft ist derzeit das Wassermanagement. Während einer Fahrt mit dem Bus durch das semi-aride Hochland zwischen Teheran und Isfahan konnte ich mit eigenen Augen sehen, wie sehr die Trockenheit dem Land zu schaffen macht. Einer der Workshops des Alumni-Treffens war ganz bewusst dem Wassermanagement und dem Erhalt natürlicher Ressourcen gewidmet. Alle fünf Workshops des Treffens haben sich mit Fragen der Nachhaltigkeit beschäftigt; auch die Nutzung alternativer Energien und die Notwendigkeit nachhaltiger Stadtplanung standen im Mittelpunkt. Dies sind für den Iran mit seinen zahlreichen Metropolen drängende Themen, trotz der großen, aber endlichen Vorkommen an Erdgas und Erdöl. Es gibt im Iran ein Wissen um die erheblichen ökologischen Probleme – und große Bereitschaft, mit Deutschland zu kooperieren.

DAAD-Alumni-Treffen in Teheran (Oktober 2015)

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Konkrete Eindrücke: Exkursion in die Berge um Teheran mit Professor Taghi Rahnemai, Keynote Speaker des Alumni-Treffens und Präsident der German-Iranian University Association ​

Neben der Individualförderung von Stipendiaten unterstützt der DAAD bereits eine Reihe unterschiedlicher Projekte im deutsch-iranischen Austausch. Allein im Programm „Hochschuldialog mit der islamischen Welt“ sind 2015 sieben iranische Hochschulen involviert – die thematische Bandbreite reicht vom Maschinenbau bis zu den Religionswissenschaften. Wie ist es dem DAAD gelungen, bereits heute derart vielfältig den Austausch mit dem Iran zu begleiten?

Die Kontakte zwischen dem Iran und dem DAAD sowie den deutschen Hochschulen sind nie abgerissen. Sie dürfen nicht verkennen, dass wir in den vergangenen Jahren immer Stipendien an iranische Studierende vergeben und auch iranische Wissenschaftler gefördert haben. Die deutschen Hochschulen haben so das iranische Wissenschaftssystem kennengelernt und sehr positive Erfahrungen gemacht. Es konnten tragfähige Brücken entstehen, die auch getragen haben, als wir nicht mit einem Büro in Teheran vertreten waren. Auch deshalb ist ja unsere Alumni-Arbeit so wichtig, weil sie belastbare Brücken in andere Wissenschaftssysteme schlägt.

Nach seiner Schließung 2009 konnte das DAAD-Informationszentrum Teheran im April 2014 seine Arbeit wiederaufnehmen; zudem ist der DAAD im Iran mit Lektoraten in Teheran und Isfahan vertreten. Wie zeigen sich die Vorteile der Präsenz vor Ort?

Das ist ein absolut zentraler Punkt. Mit Ansprechpartnern vor Ort präsent zu sein und persönliche Kontakte zu ermöglichen, ist ganz wesentlich, um Vertrauen aufbauen zu können. Natürlich lässt sich später auch viel per E-Mail erledigen, wenn man weiß, an wen man sich wenden muss. Aber auch das Wissen um die richtigen Kontakte muss erst einmal vorhanden sein. Durch unser Informationszentrum im Iran können wir die authentischen Informationen erhalten und zur Verfügung stellen, die für einen Aufbau von Kooperationen notwendig sind.​

DAAD-Alumni-Treffen in Teheran (Oktober 2015)

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Im Einsatz für den Austausch: das Organisationsteam des Teheraner Alumni-Treffens um Dennis Schroeder (6. v. l.), Leiter des DAAD-Informationszentrums Teheran

Wie kann das von Ihnen beschriebene gegenseitige Interesse in konkreten neuen Kooperationen münden?

Wir möchten im Nachgang zu dem thematisch breit gefächerten Alumni-Treffen mehrere kleinere Austauschformate wie Workshops anbieten und es den verschiedenen Fachdisziplinen im Iran auch ermöglichen, deutsche Wissenschaftler einzuladen und Themen zu vertiefen. Der Wunsch nach solchen weiterführenden Formaten ist in Teheran mehrfach an uns herangetragen worden. Es ist gerade jetzt sehr wichtig, ergänzend zu unseren bereits bestehenden Kontakten in den Iran noch bessere Netzwerke zu bauen. Wir haben ein deutsch-iranisches „Steering Committee“ gebildet, das nun neue gemeinsame Programme erörtert. Es gibt beispielsweise auf iranischer Seite sehr großes Interesse an einem Programm zur Promotionsförderung im sogenannten „Sandwich-Modell“, das iranischen Doktoranden die Promotion mit Betreuern in  Deutschland und dem Iran ermöglicht. Wir möchten aber auch kleinere Programme zum Austausch von Wissenschaftlern auf den Weg bringen und mehrere Treffen zwischen einzelnen Forschern ermöglichen. So können sich die Wissenschaftler besser kennenlernen und ihr Austausch kann wiederum in Bewerbungen für neue gemeinsame Projekte münden. Auch so wollen wir die Netzwerkbildung fördern. Die thematische Vielfalt ist sehr groß und reicht bis zu Angeboten unserer iranischen Partner, gezielt Persischkurse für deutsche Studierende anzubieten. Auch hat der DAAD bereits eine Gruppe deutscher Hochschulrektoren für eine Iran-Reise im Frühjahr 2016 eingeladen. Ich sehe viel Potenzial für den akademischen Austausch mit dem Iran und hoffe sehr, dass sich die zuletzt beobachtete Öffnung des Landes nachhaltig fortsetzt. 

Interview: Johannes Göbel (3. November 2015)

DAAD-Alumni-Treffen in Teheran (Oktober 2015)

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DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung des Alumni-Treffens an der Universität Teheran

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Eröffnung mit DAAD-Präsidentin Wintermantel und Bundesaußenminister Steinmeier

Schon bei der Eröffnung des Alumni-Treffens an der Universität Teheran durch DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel war das große Interesse am akademischen Austausch mit Deutschland deutlich zu beobachten gewesen: Das Audimax der Universität war bei Wintermantels Grußwort bis auf den letzten Platz besetzt; auch in ihren Gesprächen mit iranischen Offiziellen, Hochschulverantwortlichen und Studierenden wurde der Wunsch nach einem Ausbau der Zusammenarbeit mehrfach geäußert. „Der DAAD möchte dazu beitragen, den Austausch auch in Zukunft zu intensivieren“, hatte Margret Wintermantel in ihrer Eröffnungsansprache betont. Die DAAD-Präsidentin war als Mitglied der Bundesaußenminister Steinmeier begleitenden Kulturdelegation in den Iran gereist. Steinmeier hatte großen Wert auf den Besuch des Alumni-Treffens gelegt und richtete im Anschluss an Margret Wintermantel ebenfalls das Wort an die Anwesenden. Zudem wurden die Alumni während des viertägigen Treffens von DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland, dem stellvertretenden iranischen Wissenschaftsminister Dr. Hossein Salar Amoli und dem Deutschen Botschafter Michael Freiherr von Ungern-Sternberg begrüßt.

Das Treffen in Teheran zeichnete sich jedoch nicht allein durch die prominenten Redner und das große Interesse der insgesamt über 200 Teilnehmer aus. Dem Team um Dennis Schroeder, Leiter des DAAD-Informationszentrums (IC) Teheran, und den Kolleginnen des DAAD-Veranstaltungsreferats war es gelungen, ein fachlich vielschichtiges und anspruchsvolles Programm zusammenzustellen. „Wassermanagement“, „Energie und Klima“, „Nachhaltige Stadtplanung“, „Ressourcenverbrauch und Industrielles Design“ und „Hochschulbildung und Nachhaltigkeit“ lauteten die Überschriften der insgesamt fünf Workshops, die unter der Leitung deutscher und iranischer Professoren stattfanden. Der grundsätzlichen Frage nach einem Bewusstsein für Nachhaltigkeit war eine eigene Podiumsdiskussion gewidmet.

„Im Iran werden wissenschaftliche Herausforderungen und Probleme zunehmend pragmatisch gesehen und angegangen“, berichtet IC-Leiter Dennis Schroeder. Das DAAD-Informationszentrum ist die einzige Repräsentanz einer westlichen Wissenschaftsinstitution im Iran. Schroeder leitet das Büro seit seiner offiziellen Wiedereröffnung im September 2014. Zugleich arbeitet er als DAAD-Lektor an der Teheraner Schahid-Beheschti-Universität, an der das Treffen nach der Eröffnung an der Universität Teheran fortgesetzt wurde. Dennis Schroeder hat in den vergangenen Monaten einen deutlichen Aufschwung im wissenschaftlichen Austausch zwischen dem Iran und Deutschland beobachtet: „Die Anfragen nach Kontakten haben rasant zugenommen.“ Er ist davon überzeugt, dass die DAAD-Alumni ihren Teil zum Ausbau des Austauschs beitragen werden: „Die iranischen Alumni zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie sehr starke, gut funktionierende Netzwerke bilden.“