Transnationale Bildung: Robuste Daten für nachhaltigen Erfolg

TU Ilmenau

Herausragendes Projekt der Transnationalen Bildung: Andrang bei der Eröffnung des „Deutsch-Russischen Instituts für innovative Technologien“ (GRIAT) in Kasan im September 2014

Transnationale Bildung (TNB) ist ein dynamisches Feld der Hochschulinternationalisierung. Es mangelt aber international an vergleichbaren Daten zu Studierendenzahlen und Umfang der Aktivitäten – Informationen, die zur strategischen Planung und Steuerung von TNB von allen Beteiligten benötigt werden. Um eine gemeinsame Datenbasis zu ermöglichen, haben British Council und DAAD eine Studie in Auftrag gegeben, die auf der Going Global 2015 in London vorgestellt wurde.   

Studiengänge mit deutschen oder Doppelabschlüssen an ausländischen Partneruniversitäten,  gemeinsame Fakultäten oder der Aufbau binationaler Hochschulen im Ausland – grenzüberschreitende Bildungsangebote sind ein fester Bestandteil der Internationalisierungsstrategien deutscher Hochschulen. In einer wachsenden Zahl von Ländern in Asien, dem Mittleren Osten oder Lateinamerika trägt Transnationale Bildung (TNB) aus Deutschland, Großbritannien oder Australien dazu bei, den steigenden Bedarf nach Hochschulbildung zu decken. Doch je stärker Universitäten in den Bildungssystemen anderer Länder aktiv werden und je dynamischer der weltweite Bildungsmarkt wächst, umso lauter wird der Ruf nach fundierten Daten und gemeinsamen Standards. Das belegt die Studie „Transnational education data collection systems: awareness, analysis, action“ im Auftrag von DAAD und British Council, die Ko-Autor John McNamara am 1. Juni 2015 auf der internationalen „Going Global“ in London präsentierte. „Es gibt derzeit keine internationalen Standards, um TNB zu definieren und wissenschaftlich zu begleiten“, bilanziert McNamara.

Von Ägypten bis Vietnam

McNamara und Ko-Autorin Dr. Jane Knight haben für die Studie die Situation in zehn TNB-Sitzländern, darunter Ägypten, Jordanien, Malaysia, Türkei, Mexiko und Vietnam, analysiert und daraus Empfehlungen für einen gemeinsamen begrifflichen Rahmen und die Entwicklung von Datenerhebungssystemen speziell zu TNB entwickelt. „Die Studie bringt uns einen weiteren Schritt voran, um sichere und vergleichbare Daten für die Transnationale Bildung zu schaffen“, erklärte DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland auf der Going Global. Doch weitere Anstrengungen seien notwendig. Eine Vielfalt uneinheitlicher Benennungen erschwert die Datenerhebung. Allein für Studiengänge, die in Kooperation von Hochschulen verschiedener Länder angeboten werden, zählen die Autoren der Studie mehr als zwanzig unterschiedliche Bezeichnungen. „Dieses Beispiel zeigt, dass eine Verständigung auf gemeinsame Begriffe dringend geboten ist“, sagt Susanne Kammüller, beim DAAD Referentin für Querschnittsaufgaben zur Transnationalen Bildung.

Eine allgemein verstandene Terminologie ist die Voraussetzung für gesicherte Daten zur TNB, zum Beispiel darüber, wie viele Studierende in TNB-Programmen immatrikuliert sind, wie viele Absolventen sie hervorbringen und welche Abschlüsse vergeben werden. Manches ist bekannt: Der DAAD beispielsweise kennt die Anzahl der Studierenden in den von ihm geförderten Transnationalen Studienangeboten genau, für das Jahr 2015 waren dies 23.388 Studierende. „Die vom DAAD geförderten Projekte sind jedoch nur ein Teil des Bildes“, sagt Kammüller. Der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz listet laut der Studie allein mehr als 400 internationale Double- und Joint-Degree-Programme deutscher Hochschulen auf – jedoch ohne weitere statistische Angaben.

Wo lohnen Investitionen?

Der Mangel an gesicherten Informationen ist für beide Seiten ein Nachteil; zum einen für die  TNB-Sitzländer, die zum Ausbau ihrer Bildungssysteme auf die Zusammenarbeit mit Hochschulen aus dem Ausland setzen. An welchen Stellen kann TNB Engpässe im einheimischen Hochschulsystem abdecken? In welchem Umfang sind ausländische Hochschulen im eigenen Land bereits aktiv? Entsprechen die Studienprogramme aus dem Ausland den Qualitätsansprüchen vor Ort? „Wer Hochschulausbau und Internationalisierung strategisch planen und steuern will, benötigt zur Beantwortung solcher Fragen robuste Daten“, sagt Susanne Kammüller. Auf der anderen Seite sind belastbare Informationen auch für die Anbieter Transnationaler Bildung und Organisationen wie den DAAD wichtig. Denn nur so können sie beispielsweise analysieren, welche TNB-Angebote es rund um den Globus bereits gibt, sich mit anderen vergleichen und ermitteln, wo im Ausland die Investition in den Aufbau eines Studienprogramms sinnvoll ist. „Sitzländer und sendende Länder sind Partner, und beide brauchen eine größere, vergleichbare Datenbasis, um Transnationale Bildung zum Vorteil beider Seiten für ihre Hochschulsysteme einzusetzen“, sagt Dr. Jo Beall, Direktorin für Bildung und Gesellschaft beim British Council. 

In einer gemeinsamen Erklärung rufen DAAD und British Council deswegen dazu auf, einen übergreifenden Rahmen für TNB-Datenerhebungen zu schaffen. Die Herausforderungen sind groß, denn neben einheitlichen Begriffen sind auch personelle und finanzielle Ressourcen  nötig, um Daten zuverlässig, in guter Qualität und vergleichbar erfassen zu können. Die Voraussetzungen sind jedoch günstig, wie auch Dr. Stéphan Vincent-Lancrin von der OECD meint: „Viele Länder sind gerade dabei, neue Arten von Datensystemen zu Studierenden aufzubauen. Es ist eine gute Zeit, eine neue Sicht auf die Kategorisierung und Erfassung Transnationaler Bildung einzubringen“. Die Studie, so die Hoffnung von DAAD und British Council, wird einen wichtigen Beitrag leisten, die Grundlagen für eine gemeinsame Datenbasis zu Transnationaler Bildung zu schaffen.

Benjamin Haerdle (16. Juni 2015)