Zehn Jahre Deutsch-Jordanische Universität: Praxisnah und anwendungsorientiert

Matthias Piekacz / GJU Project Office

Die GJU bietet eine hochwertige akademische Ausbildung und gleichzeitig Praxisbezug vom ersten Studientag an

Unter dem Motto „Das Beste beider Welten“ feiert die Deutsch-Jordanische Universität (German Jordanian University, GJU) in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen – und eine Erfolgsgeschichte. Aus den einst elf Studiengängen an der nach dem Modell deutscher Fachhochschulen konzipierten GJU sind inzwischen 26 geworden. 3.800 Studierende werden derzeit ausgebildet, unter anderem Architekten, Informatiker, Logistik-Experten und Ingenieure für Umwelttechnik und Wasserwirtschaft. Ein Interview mit Isabell Mering, die als DAAD-Referatsleiterin für deutsche Studienangebote in Nahost, Asien, Afrika und Lateinamerika verantwortlich ist.

Frau Mering, als Jordanien 2004 beschloss, mit finanzieller Förderung aus Deutschland eine neue, staatliche Hochschule ins Leben zu rufen, wollten die jordanischen Partner etwas völlig Neues machen. Bisher hatten sie die Erfahrung gemacht, dass zu viele Hochschulabsolventen im Land keine Arbeit finden. Was macht die GJU anders?

Isabell Mering: An der GJU wird vieles anders gemacht. Sie ist die einzige Universität in Jordanien, die nach dem Prinzip deutscher Fachhochschulen funktioniert. Das heißt, sie bietet eine hochwertige akademische Ausbildung und gleichzeitig Praxisbezug vom ersten Studientag an. Das ist bis heute eine absolute Neuheit – nicht nur für das jordanische Hochschulsystem, sondern in der gesamten Region. Die GJU gilt mittlerweile als eine der besten Universitäten in Jordanien und zieht auch Studierende aus dem Irak, dem Jemen, den Palästinensischen Gebieten oder den Ländern des Maghreb an.

Wie gefragt sind die Absolventen?

Die GJU zählt mittlerweile über 2.000 Absolventen, und die haben sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, weil sie eine ganz besondere Ausbildung und dazu noch eine interkulturelle Qualifikation mitbringen. An der GJU – auch das ist ein Alleinstellungsmerkmal – lernen alle Studierenden Deutsch und verbringen das vierte Studienjahr in Deutschland. Das Studienangebot mit Fokus auf den angewandten MINT-Fächern, also Mathematik, Ingenieur-, Natur- und Technikwissenschaften, orientiert sich außerdem an den konkreten Erfordernissen und Bedürfnissen des Landes und seiner Industrie. Auch das ist wichtig für den Erfolg der Absolventen. Ein Beispiel für die Attraktivität des Angebots sind die Studiengänge Umwelttechnik und Wasserwirtschaft. Wasser und Nachhaltigkeit, das sind wichtige Themen für die gesamte Region, vom Nahen Osten bis zum nördlichen Afrika.

Von den ersten konzeptionellen Überlegungen an bis heute arbeiten die jordanische und deutsche Seite eng zusammen. Wie wichtig ist das für den Erfolg der GJU?

Dieser partnerschaftliche Ansatz, das heißt, Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen deutschen und ausländischen Hochschulen und Ministerien, ist ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor. Sämtliche DAAD-Programme zur Transnationalen Bildung (TNB) basieren darauf, und dieser Ansatz ist auch im Kodex für deutsche Hochschulprojekte im Ausland festgeschrieben, den der DAAD 2013 gemeinsam mit der Hochschulrektorenkonferenz verabschiedet hat. Nur bei partnerschaftlicher Zusammenarbeit kann das Know-how in beide Richtungen fließen, und nur dann haben beide Seiten etwas davon.

Wo liegt der Gewinn für Deutschland?

Die deutschen Hochschulen treiben ihre Internationalisierung voran, das ist ihr wichtigstes Ziel. So wie die Hochschule Magdeburg-Stendal, die von Anfang an die Projektleitung für den Aufbau der GJU innehatte. Es geht den Hochschulen darum, international sichtbar zu sein, aber auch darum, Brücken zu schlagen in die Hochschul- und Forschungslandschaft der Partnerländer. Gleichzeitig machen die Dozenten und Professoren wertvolle fachliche und interkulturelle Erfahrungen, wenn sie im Ausland lehren. Die GJU hat momentan bereits rund 90 Partnerhochschulen in Deutschland. Natürlich suchen die deutschen Hochschulen auf diesem Wege auch Kontakt zu jungen Talenten im Ausland.

Zehn Jahre Deutsch-Jordanische Universität
Matthias Piekacz / GJU Project Office

Das Studienangebot der GJU mit Fokus auf den angewandten MINT-Fächern eröffnet jungen Menschen der Region wertvolle Perspektiven

Welche Rolle spielt die deutsche Sprache für die Ausbildung?

Prinzipiell ist die Unterrichtssprache in allen Studiengängen Englisch, nur an der School of Applied Humanities and Languages gibt es auch Lehrveranstaltungen auf Deutsch. Wenn Professoren aus Deutschland für Lehreinsätze an die GJU kommen, kann es vorkommen, dass sie auf Deutsch anstatt Englisch unterrichten. In jedem Fall ist der Deutschlandbezug vom ersten Tag des Studiums an wichtig. Alle Studierenden belegen Deutsch studienbegleitend als Pflichtfach. So werden sie von Beginn an darauf vorbereitet, im vierten Studienjahr ein Semester an einer Partnerhochschule in Deutschland studieren zu können und in einem weiteren Semester in einem deutschen Unternehmen ein Praktikum zu absolvieren.

Die Hochschule hat seit ihrer Gründung stark expandiert. In welche Richtung wird die GJU weiterwachsen?

Die GJU wird nach der Bilanz der ersten, sehr erfolgreichen Jahre in den kommenden Jahren weiter daran arbeiten, den Fachhochschulansatz in Einklang mit den lokalen Anforderungen weiterzuentwickeln und das Konzept der „Applied Sciences“ voranzutreiben und zu optimieren. Aufgrund der exzellenten Reputation der Universität ist davon auszugehen, dass die Studierendenzahlen weiter steigen werden. Das wird aufgrund der notwendigen Platzierung der Studierenden an deutschen Hochschulen und in Unternehmen im vierten Studienjahr eine große Aufgabe für die GJU und ihre Partner sein, der man sich mit kontinuierlichem Engagement stellen muss und wird. Zudem begrüßen wir sehr, dass die German Jordanian University – neben der fachlichen Weiterentwicklung – derzeit auch auf die brisanten gesellschaftlichen Herausforderungen des Landes reagiert, welche der Bürgerkrieg in Syrien mit sich bringt: Die GJU hat sich bereit erklärt, im Rahmen eines neuen Stipendienprogramms für syrische Flüchtlinge, das der DAAD in Zusammenarbeit mit der GIZ realisiert, neben anderen jordanischen Universitäten als aufnehmende Hochschule zu fungieren. Sie leistet somit einen direkten Beitrag zur Ausbildung einer zukünftigen Elite von Nachwuchskräften, die für den Wiederaufbau Syriens nach dem Krieg dringend gebraucht werden.

Interview: Kristina Vaillant (26. Mai 2015)

Weitere Informationen

Die Deutsch-Jordanische Universität (GJU) ist eine staatliche Universität in Jordanien mit Sitz in Al-Mushaqqar bei Madaba, nahe der Hauptstadt Amman. 2005 per königlichem Dekret gegründet, ist sie die einzige Hochschule in der Region, die nach dem Prinzip deutscher Fachhochschulen praxisnah und anwendungsorientiert ausbildet. Entwickelt wurde das Konzept vom Projektbüro der Hochschule Magdeburg-Stendal in enger Zusammenarbeit mit den Bildungsministerien beider Länder und dem DAAD. Finanzielle Förderung erhält die GJU vom DAAD aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und vom Land Sachsen-Anhalt. Hinzu kommen Mittel für Lektoren und Stipendien vom Auswärtigen Amt.