Die deutsche Sprache bleibt gefragt

Auswärtiges Amt

Präsentierten die Datenerhebung "Deutsch als Fremdsprache weltweit" im Auswärtigen Amt (v. l. n. r.): DAAD-Präsidentin Margret Wintermantel, Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, Staatsministerin Maria Böhmer, Udo Michallik, Generalsekretär der Kultusministerkonferenz, und Christoph Verenkotte, Präsident des Bundesverwaltungsamtes

Wachsendes Interesse in weiten Teilen der Welt, Probleme in Frankreich, Spitzenzahlen in Polen und China: Die aktuelle Präsentation der alle fünf Jahre durchgeführten Datenerhebung „Deutsch als Fremdsprache weltweit“ im Auswärtigen Amt brachte vielfältige Ergebnisse. Dass der DAAD unter anderem Online-Lernangebote stärken möchte, machte seine Präsidentin Professor Margret Wintermantel deutlich.

15,4 Millionen Menschen lernen weltweit Deutsch als Fremdsprache, fast neunzig Prozent von ihnen in der Schule, die übrigen im Erwachsenenalter. Das ist das Ergebnis der aktuellen Datenerhebung „Deutsch als Fremdsprache weltweit“, die das Auswärtige Amt gemeinsam mit dem DAAD und den anderen im „Netzwerk Deutsch“ zusammengeschlossenen Institutionen am 21. April 2015 der Öffentlichkeit vorgestellt hat. „Die rückläufige Entwicklung ist gestoppt“, sagte Professor Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt. In mehr als der Hälfte der von der Erhebung erfassten 127 Länder wachse das Interesse, Deutsch zu lernen. In den Nachfolgestaaten der Sowjetunion seien die Zahlen allerdings rückläufig, gleiches gelte für die skandinavischen Länder. Zum Niveau der Jahrtausendwende mit über 20 Millionen Deutschlernern auf der ganzen Welt konnte deshalb in den letzten 15 Jahren nicht aufgeschlossen werden.

Für Ausbildung und Zukunftschancen

Das Interesse wächst insbesondere in Südamerika, im Nahen und Mittleren Osten und vor allem in Asien. In China war der Sprung am größten, hier hat sich die Zahl der Deutschlerner in den letzten fünf Jahren auf heute 117.000 verdoppelt. In Indien war die Zunahme zwar nicht so rasant, dafür lernen dort heute bereits 154.000 Menschen Deutsch. In Brasilien liegt die Zahl der Deutschlerner bei 134.000. Aber auch in einigen EU-Staaten wie Spanien und Griechenland sind steigende Zahlen zu verzeichnen. Während hinter den seit 2010 zusätzlichen 20.000 Deutschlernern an spanischen Schulen berufliche Chancen in Deutschland stehen, ist in den wirtschaftlich aufstrebenden Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas vor allem die wachsende Mittelschicht bedeutsam: Sie möchte ihren Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen. „Die frühe Orientierung hin zum Ausland spielt hierbei eine wichtige Rolle. Der Trend geht dahin, dass Fremdsprachen immer früher gelernt werden“, betonte Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts. Neben seinen Sprachkursen, an denen 2014 knapp 230.000 Menschen im Ausland Deutsch lernten, konzentriert sich das Goethe-Institut deshalb auf die Schulen, bietet Lehrerfortbildungen an und wirbt bei Eltern und Lehrern für das Schulfach Deutsch.

Insgesamt lernen 13,4 Millionen Schüler im Ausland Deutsch als Fremdsprache. Das Auswärtige Amt unterstützt als Teil seiner Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik rund 1.800 Schulen durch Schulpartnerschaften, pädagogische Beratung und die Entsendung von Lehrkräften. Der Großteil der Schulen wird durch die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) betreut, etwa 550 von den Goethe-Instituten vor Ort. An rund 1.000 Schulen legen die Schüler das Deutsche Sprachdiplom ab, das gemeinsam von den Bundesländern entwickelt und evaluiert wird – ein Ausweis der funktionierenden Zusammenarbeit der Länder, wie Udo Michallik, Generalsekretär der Kultusministerkonferenz, bemerkte.

Wandel an den Hochschulen

An den Hochschulen im Ausland ist die Zahl der Deutschlerner gegenüber 2010 um gut 200.000 zurückgegangen: von 1,5 auf 1,3 Millionen. Dennoch registriert der DAAD ein wachsendes Interesse unter den Studierenden, in EU-Ländern wie Griechenland, aber insbesondere wiederum in Asien, Afrika und Südamerika. Allerdings verschiebt sich der Fokus: „Während die Anzahl der Studierenden im Fach Germanistik zurückgeht, beobachten wir, dass das Interesse an Deutsch als Fremdsprache zunimmt“, berichtete Professor Margret Wintermantel, Präsidentin des DAAD. Das gelte auch für diejenigen, die zum Studieren nach Deutschland kommen. Die Deutschlerner an ausländischen Hochschulen wollten vor allem ihre beruflichen Aussichten mit dieser zusätzlichen Qualifikation verbessern. Der DAAD will vor diesem Hintergrund das Angebot an Online- und Blended-Learning-Kursen ausbauen.

Problematische Entwicklung in Frankreich

Überschattet wurde die Meldung über die sich stabilisierenden Deutschlerner-Zahlen von den aktuellen politischen Entwicklungen in Frankreich. Dort will Bildungsministerin Najat Vallaud-Belkacem mit der Reform der Mittelschulen (6. bis 9. Klasse) das Angebot an Deutschunterricht stark einschränken. Gestrichen werden sollen spezielle Klassen, in denen die Schüler bisher zwölf Wochenstunden Fremdsprachenunterricht haben – zugunsten einer breiteren Fremdsprachenförderung. So sollen künftig alle Schüler eine zweite Fremdsprache lernen, dann allerdings nur noch mit zweieinhalb Unterrichtsstunden pro Woche. „Ich halte das für eine Katastrophe“, sagte Christoph Verenkotte, Präsident des für das Auslandsschulwesen zuständigen Bundesverwaltungsamtes. Noch gehört Frankreich mit knapp einer Millionen Deutschlernern in den Schulen zur Spitzengruppe, nur in Polen und Großbritannien lernen mehr Schüler Deutsch, in Polen gar über zwei Millionen. „Sprache ist mehr als Kommunikation, sie schafft Verständigung in der globalisierten Welt“, sagte Staatsministerin Böhmer und appellierte an Frankreichs Regierung: „Wenn es um die Stärkung der deutsch-französischen Partnerschaft geht, brauchen wir mehr Deutsch an den Schulen und nicht weniger.“

Kristina Vaillant (23. April 2015)