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DAAD/Mathias Nofze

Philipp und Cécile: „Man soll ja Champagner nicht schütteln“

Cécile und Philipp reden über „Jules und Jim“: Neben ihren deutsch-französischen Lebenswegen verbindet die Autorin und den Doktoranden die Leidenschaft fürs Kino. Und natürlich ihre Teilnahme am neuen Programm des Vereins „DAAD Alumni France“: Teil zwei der Serie zu den Patenschafts-Paaren.

Ein kleines Haus im Pariser Süden, mitten in einer beschaulichen Idylle, die nur ein paar Straßenzüge  umfasst. Weit weg sind hier Trubel und Geschäftigkeit der Metropole. Cécile hat zum Abendessen geladen. Zu Gast ist Philipp, ein junger Doktorand aus Deutschland, der ein Jahr zu Studienzwecken in Paris verbringt. Bei Coq au Vin und Tagliatelle entspinnt sich ein munteres Gespräch über Philosophie, Geschichte, Politik und Kino. Man hat den Eindruck, die beiden kennen sich schon seit Jahrzehnten. Dabei ist es erst ihre zweite persönliche Begegnung. Cécile, 56, und Philipp, 30, bilden ein „Parrainage“-Team, eines von 15 Patenschaftsteams, die auf Initiative des Alumni-Vereins „DAAD Alumni France“ entstanden sind. Die Idee: ehemalige französische DAAD-Stipendiaten erklären sich bereit, für die Dauer eines Stipendiums einen jungen deutschen DAAD-Stipendiaten in Frankreich zu betreuen, besser gesagt: ihm mit Ratschlägen und Tipps unter die Arme zu greifen. Natürlich war zu Beginn, als die „Patenschaft“ nur auf dem Papier bestand, in Gestalt von zwei Mail-Adressen und der Auflistung der jeweiligen Interessensgebiete, eine leichte Unruhe mit im Spiel. Wie wird die erste Begegnung ausfallen, wird man auf der gleichen Wellenlänge sein?

Dann schickte Cécile Philipp eine „unglaublich nette“ Mail, wie er sich erinnert: „Der Tonfall war mir schon sehr sympathisch.“ Bei ihrem ersten Zusammentreffen, am „Kick-off-Abend“ in der DAAD-Außenstelle Paris, verflogen letzte Bedenken. Schon nach wenigen Sekunden fiel im Gespräch der Name Serge Daney. Beide stellten fest, dass sie die Bewunderung für den legendären französischen Filmtheoretiker teilen. Daney war in den Siebzigerjahren Chefredakteur des führenden Filmmagazins „Cahiers du cinéma“, später Mitarbeiter der Zeitung „Libération“, bevor er 1991, ein Jahr vor seinem Tod, die bis heute existierende Filmzeitschrift „Trafic“ gründete. Über diesen einflussreichen und brillanten Filmtheoretiker schreibt Philipp Stadelmaier derzeit eine Dissertation, die als Cotutelle, also mit je einem Betreuer an den Universitäten Frankfurt und Paris VIII entsteht. Und ein Stück weit wandelt Philipp auf den Spuren von Daney. Schließlich schreibt er selbst Filmkritiken, unter anderem für die „Süddeutsche Zeitung“. Cécile hat Philosophie und Germanistik studiert und lange Zeit als Herausgeberin in einem wissenschaftlichen Verlag gearbeitet. Dann packte sie die Leidenschaft für ein Thema, das sie bis heute nicht loslässt: die vier Jahre der deutschen Besatzung in Frankreich. Vier Bücher hat sie dazu bereits publiziert, unter anderem „Paris dans la Collaboration“ und „L'Héritage de Vichy“. Eine Cinéastin ist sie gleichwohl auch. So fehlt es an diesem Abend nicht an Gesprächsstoff. Schon bald reden sich die beiden die Köpfe über Gilles Deleuze heiß, den französischen Philosophen, der auch Grundlegendes zur Filmanalyse beigetragen hat.

„Diese Neugier motiviert mich“

Frankreich-affin ist Philipp schon seit seiner Schulzeit. Am Anfang seines Studiums hat er ein Erasmus-Semester in Lyon verbracht; dadurch gewann er auch Freunde in Paris. Eine WG, nahe der Place Clichy, hat er schnell gefunden. Praktische Lebenshilfe in der Hauptstadt braucht er nicht zwingend. Am Patenschaftsprogramm des Alumni-Vereins wollte er trotzdem teilnehmen. „Neue Kontakte zu knüpfen, ist immer nützlich“, meint er. Von Cécile, die von der Philosophie ins Verlagswesen, dann zur Geschichte wechselte, glaubt er lernen zu können, wie man geistig beweglich bleibt: „Wir teilen da dieselben Werte.“ Interessensgebiete „durchqueren“, nicht kleben bleiben – das ist sein Motto. Cécile gefällt das: „Diese Neugier, das mag ich, das motiviert mich auch selbst.“ Ein gemeinsames Projekt haben die beiden schon ins Auge gefasst. Für die Karnevalsfeier des DAAD Paris wollen sie eine Szene aus einem Nouvelle-Vague-Film nachstellen. „Ich bin Catherine“, meint Cécile. „Und ich Jules und Jim“, schmunzelt Philipp in Anspielung auf den Klassiker von François Truffaut. Neben derart ausgefallenen Parrainage-Aktionen bleibt aber auch Zeit für gewöhnlichen Sprachunterricht. „Man soll ja Champagner nicht schütteln“, meint Philipp beim Griff zur Flasche. Um dann Cécile zu fragen: „Was heißt eigentlich ,schütteln‘ auf Französisch?“

Mathias Nofze (5. Januar 2015)

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