Anregungen für den eigenen Aufschwung

DAAD

Beim DAAD in Bonn: die Gäste aus der Slowakei und Slowenien

Das deutsche Erfolgsmodell dualer Studiengänge ruft enormes internationales Interesse hervor. Konkrete Eindrücke gewannen Hochschulverantwortliche und Bildungspolitiker aus der Slowakei und Slowenien während einer vom DAAD organisierten Informationsreise.

Im Studium möglichst viele praktische Erfahrungen in einem Unternehmen sammeln, um danach besser im Beruf starten zu können – für viele Studierende gerade in den Technik-, Wirtschafts- und Naturwissenschaften ist das ein lohnenswertes Ziel. Deswegen bewerben sie sich für duale Studiengänge. In Deutschland ist die enge Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft in verschiedensten Formen schon vielerorts Alltag, etwa an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, der Universität Erlangen-Nürnberg oder der Fachhochschule Köln. International weckt das deutsche Modell großes Interesse – wie zum Beispiel in Slowenien und der Slowakei.

Zehn Vertreter aus Hochschulen und staatlichen Bildungseinrichtungen aus beiden Ländern nahmen Ende November an einer einwöchigen Informationsreise des DAAD in Deutschland teil. „Unsere Partner wollen sich informieren, welche Formen der Kooperation zwischen Hochschulen und Wirtschaft sich hier bewährt haben“, sagt Antje Schlamm, Leiterin des DAAD-Referats Mittelosteuropa. Sie verweist auf die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und des Hochschulsektors in der Slowakei. „Die praxisnahe Ausbildung von Ingenieuren und Wirtschaftsfachleuten ist ein Thema, das für die Slowakei als ein Zentrum der Autoindustrie sehr relevant ist“, sagt Schlamm. Auch Slowenien hat grundsätzlich gute Perspektiven: Das lange als EU-Musterland gefeierte südosteuropäische Land wurde zwar 2008 durch eine Wirtschaftskrise erschüttert, hat aber immer noch traditionsreiche Unternehmen sowie zahlreiche kleinere und mittlere Firmen. „Das Land sieht in der Kooperation zwischen Wirtschaft und Hochschulen einen Schlüssel, um wirtschaftliche Probleme zu lösen“, sagt Thomas Zettler, Leiter des DAAD-Referats Südosteuropa und Stabilitätspakt.

Duale Studiengänge: Informationsreise slowakischer und slowenischer Hochschulverantwortlicher und Bildungspolitiker

An der Fachhochschule Köln: Eindrücke von der Zusammenarbeit mit Unternehmen

Forderungen an die Industrie

Andrej Kotnik, der im Direktorat für Hochschulbildung des slowenischen Bildungsministeriums arbeitet, sieht Zukunftschancen in den dualen Studienprogrammen, aber auch Herausforderungen in seiner Heimat. „Die Industrie müsste sich stärker in das Hochschulsystem integrieren“, sagt er. In Deutschland seien die Unternehmen ein starker und finanzkräftiger Partner. Für Jozef Jurkovic, Referatsleiter Hochschulbildung im slowakischen Bildungsministerium, ist die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Industrie eine „notwendige Bedingung für eine nachhaltige Entwicklung“. Die Eindrücke während der DAAD-Reise seien für ihn sehr interessant gewesen: „Ich konnte mir davor nicht vorstellen, dass Unternehmen Studenten einstellen und bezahlen“, sagt er. Die Beispiele aus Deutschland sind für Jurkovic auch deshalb nützlich, weil es duale Bildung im Hochschulsektor sowohl in der Slowakei als auch in Slowenien noch nicht gibt. „Die Erfahrungen, die ich auf der Reise gesammelt habe, können nun einfließen in die Diskussion, wie der Bildungssektor in der Slowakei entwickelt werden soll“, sagt er.

Außergewöhnlich motivierte Studierende

Im ostslowakischen Košice will Professor Juraj Sinay Erkenntnisse aus Deutschland umsetzen. „Die duale Ausbildung an der Universität Erlangen-Nürnberg in Kooperation mit der Firma Siemens könnte für uns ein Beispiel sein, um Ähnliches gemeinsam mit der Firma T-Systems zu beginnen“, sagt der Prorektor für Internationale Beziehungen und Marketing an der Technischen Universität Košice. Auch Professor Igor Papic, Dekan der Fakultät für Elektrotechnik an der Universität der slowenischen Hauptstadt Ljubljana, nimmt interessante Eindrücke von der Informationsreise mit: „Die Noten der Studenten in dualen Studiengängen liegen deutlich über dem Durchschnitt.“ Die eingeschriebenen Studierenden seien außergewöhnlich motiviert. 

Deutschland profitiert

Diskutiert wurde während der Reise nicht nur, ob das „deutsche Modell“ auch in Slowenien und der Slowakei angewendet werden könnte, sondern auch, inwieweit der Studierenden- oder Lehrendenaustausch zwischen den deutschen Hochschulen und ihren Partnern im Ausland gesteigert werden könnte – unter Einbeziehung der Wirtschaft. Eine Basis dafür besteht bereits: Viele deutsche Hochschulen kooperieren schon mit slowakischen und slowenischen Partnern über DAAD-Programme wie die Ostpartnerschaften. Das Interesse an internationalen Kontakten ist ungebremst groß: „Vor allem die Fachhochschulen verfügen über sehr viele Erfahrungen mit den dualen Studiengängen und stellen sich die Frage, ob sie das nicht noch international ausbauen sollen“, sagt Antje Schlamm. Wichtig sei zudem gewesen, während der Informationsreise die Flexibilität und die Offenheit des dualen Studiums in Deutschland zu zeigen. „Hochschulen haben völlig unterschiedliche Modelle, wie sie mit Unternehmen kooperieren und wie sie den Praxisbezug umsetzen“, betont Schlamm. Den Gästen aus der Slowakei und Slowenien bot das eine breite Palette an Möglichkeiten. „Sie können so überlegen, welches Modell sie in welcher Form übernehmen und anpassen wollen“, sagt Thomas Zettler. Das könne für die gesamte Region ein Erfolgsrezept sein.

Für den DAAD war die Informationsreise aber nur ein Anfang: Welche Chancen bestehen für internationale Modelle des dualen Studiums? Wie können innerhalb solcher Programme Doppeldiplom- und Austauschprogramme entwickelt werden? Antworten auf diese Fragen will der DAAD auch künftig gemeinsam mit den Partnerländern finden.

Benjamin Haerdle (19. Dezember 2014)

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DAAD-Ostpartnerschaften