Im globalen Ideenlabor

Kay Herschelmann

Hany Elkhodary stellte in Berlin sein Energieprojekt vor

Zwei Nachwuchswissenschaftler aus Ägypten und Mexiko reisten mit Unterstützung des DAAD zum Finale des "Falling Walls Lab" nach Berlin. Der Wettbewerb für Nachwuchswissenschaftler gehört zur international renommierten Falling-Walls-Konferenz, auf der Durchbrüche in der Wissenschaft präsentiert werden. Zwei der weltweit ausgerichteten Vorentscheidungen hatten das Deutsche Wissenschaftszentrum Kairo und die DAAD-Außenstelle Mexiko-Stadt organisiert.

Die Aufgabe: Präsentiere deine innovative Idee oder Forschungsinitiative in zweieinhalb Minuten, beantworte eventuelle Nachfragen in 30 Sekunden und überzeuge das Publikum davon, dass dein Konzept zu einem wichtigen Durchbruch in der Wissenschaft führen, drängende Probleme lösen und regelrecht Mauern einreißen kann. Der erste Preis: 1.000 Euro – und die einmalige Gelegenheit, vor großem internationalen Publikum auf dem Podium der Falling-Walls-Konferenz mit führenden Wissenschaftlern dieser Welt zu sprechen.

Tausende junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Unternehmer und Berufstätige auf der ganzen Welt traten zu diesem Wettbewerb der Ideen an – 100 von ihnen qualifizierten sich für die Endausscheidung, die am 8. November 2014 in Berlin anlässlich der Falling-Walls-Konferenz ausgetragen wurde. Einer, der es bis ins Finale geschafft hat, ist Edgar Rodríguez aus Mexiko. „Das war ein sehr beeindruckendes Erlebnis“, erzählte er nach seinem Drei-Minuten-Auftritt. „Ich hielt mich bisher nicht für einen guten Redner, aber ich habe es geschafft und es ist gut gelaufen.“

Revolutionäre Wassergewinnung

Edgar Rodríguez studiert an der Nationalen Autonomen Universität Mexikos (UNAM) Maschinenbau. Angeregt durch verschiedene Aufgaben in seinem Studium kam ihm eine revolutionäre Idee: Warum nicht eine Apparatur bauen, mit der man Wasser aus der Luft gewinnen kann? Er begann daran zu tüfteln und trieb diesen Ansatz neben seinem Studium so weit voran, dass er es wagte, sich für die Vorauswahl des Falling Walls Lab in Mexiko-Stadt zu bewerben. „Edgar überzeugte die Jury mit seinem lebhaften Erfindergeist – denn wenn seine Apparatur Wirklichkeit wird, könnte er damit weltweit ein großes Problem lösen“, erzählt Dr. Alexander Au, Leiter der DAAD-Außenstelle.

Im Sommer 2014 hatte die Außenstelle in Mexiko die Werbetrommel für den Berliner Wettbewerb geschlagen und schließlich federführend die Vorentscheidung für die Falling-Walls-Zentrale in Berlin organisiert – in Kooperation mit dem Goethe-Institut und der Deutschen Botschaft in Mexiko. Zu etwa der gleichen Zeit liefen auch die Vorbereitungen für die erste Phase des internationalen Wettbewerbs in Kairo auf Hochtouren. Dort engagierte sich das Deutsche Wissenschaftszentrum (DWZ) unter der Leitung der DAAD-Außenstelle Kairo. „Wir hatten den Falling-Walls-Nachwuchswettbewerb zum ersten Mal in der arabischen Region ausgeschrieben – und damit einen riesigen Erfolg“, berichtet Abdelrahman Fatoum von der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des DWZ. „71 junge Menschen schickten von hier ihre Bewerbungen an die Berliner Zentrale – ein Zeichen, dass in Ägypten für Formate wie das Falling Walls Lab eine große Nachfrage herrscht und unter den Bewerbern viele innovative Talente zu finden sind, die es zu fördern gilt.“

„Unglaublich motivierte Menschen“

Dreizehn junge Hoffnungsträger stellten sich schließlich beim DWZ Kairo einer anspruchsvollen Jury aus Vertretern der Deutschen Botschaft und den DWZ-Partnerinstitutionen; zwölf Kandidaten präsentierten ihre Ideen im Goethe-Institut in Mexiko-Stadt. „Auf einer großen Uhr lief die Zeit ab und eine Live-Schaltung in die Berliner Falling-Walls-Zentrale verband uns mit Deutschland“, schildert Corinna Prylinski, DAAD-Mitarbeiterin in Mexiko, das Event. In Kairo schulten Trainer der DAAD Kairo Akademie die Bewerber zuvor noch darin, souverän aufzutreten. Abdelrahman Fatoum war dies ein zentrales Anliegen: „Es gab zwar nur ein Flugticket nach Berlin, jedoch war uns besonders wichtig, durch fundierte Vorbereitungen die Nachwuchstalente fortzubilden und damit unseren Auftrag im DWZ auszuführen.“

Am Ende war es für beide Organisationsteams überwältigend inspirierend, was die mexikanischen und arabischen Nachwuchsforscher für Ideen präsentierten – etwa Nutzpflanzenzucht im heimischen Wohnzimmer, mehr Transparenz lokaler Politik oder eine verbesserte Ernährung durch Insektenzucht. Außenstellenleiter Alexander Au gibt das Hoffnung: „Man geht als Beobachter in die Veranstaltung hinein, spürt auf einmal diesen dynamischen innovativen Geist von unglaublich motivierten Menschen und traut ihnen zu, die Welt zu verändern.“

Biogas als Problemlöser

In Kairo machte Hany Elkhodary das Rennen der Vorauswahl und flog mit DWZ-Förderung nach Berlin. Nach seinem Wirtschaftsstudium wollte er nicht Buchhalter werden. Er arbeitete sich stattdessen selbstständig in Umweltthemen ein und gründete das Start-up-Unternehmen „Biogas People“. Aus dem organischen Abfall, der in Ägypten überall zum Problem wird, will er Biogas herstellen und damit zugleich ein Energieproblem für sein Land lösen. Fünf Prototypen seiner Biogasanlagen laufen bereits auf den Dächern in den Slumvierteln von Kairo. „Jetzt arbeite ich an der Verbesserung dieser Anlagen, um sie mit Hühnermist und großen Mengen organischem Abfall zu betreiben“, sagt der engagierte Erfinder. Im Finale in Berlin überreichte er der Jury in den ersten Sekunden seiner Drei-Minuten-Präsentation zur Freude des Auditoriums eine kleine ausgeschnittene Papptonne als Symbol für zukünftiges Biogas aus Ägypten.

Prägung fürs Leben

Das Berliner Falling-Walls-Lab-Finale hat zwar weder Hany Elkhodary noch Edgar Rodríguez gewonnen – aber beide haben viel Selbstbewusstsein und Anregungen aus dem Wettbewerb gezogen. „Ich habe in Berlin vier Teilnehmer mit ähnlichen Projekten entdeckt, die ich ansprechen will“, freut sich Rodríguez, ähnlich erging es Elkhodary. Nachdem ihm vor den 100 Kollegen schlagartig heiß vor Aufregung wurde, behielt er anschließend kühlen Kopf: „Ich werde meinen Aufenthalt in Deutschland noch nutzen, um Biogas-Firmen zu besuchen und dafür zu werben, Ägypten auf dem Gebiet als Kooperationspartner zu entdecken.“

Austausch über ihre Ideen, Inspiration, Erfahrung und Selbstwertgefühl sollen die Teilnehmer im Wettbewerb finden – und die bahnbrechende Kraft der Wissenschaft spüren. DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel, die im Kreis der Jury gespannt 100 Drei-Minuten-Präsentationen lauschte, sah dieses Ziel erreicht: „Das Falling Walls Lab ist eine große Chance, sich als junger Forscher in einer außergewöhnlichen Wettbewerbssituation zu präsentieren und zu behaupten – das prägt fürs Leben.“

Bettina Mittelstraß (12. November 2014)