Zwischen Wissenschaft und Weltpolitik

DAAD/Peter Jost

Wertschätzung der Lektorenarbeit: Margret Wintermantel mit DFG-Präsident Peter Strohschneider

Zum Erfahrungsaustausch, zur fachlichen Weiterbildung und um sich über die zukünftige Strategie des DAAD zu informieren, kamen Ende Juli rund 220 Lektoren aus 76 Ländern an den Rhein. Dem 26. Lektoren-Sommertreffen des DAAD war erstmals eine DAAD-Sommeruniversität des "Forum Internationale Wissenschaft" der Universität Bonn vorgeschaltet.

„Sie sind Botschafter Deutschlands und haben an Ihren Universitäten weltweit die Aufgabe, ein positives Bild von Deutschland zu vermitteln“, sagte DAAD-Präsidentin Professor Margret Wintermantel bei der Abschlussveranstaltung des dreitägigen DAAD-Lektoren-Sommertreffens. Im großen Aufgabenspektrum der DAAD-Lektoren vom Deutschunterricht bis zur Organisation von Hochschulmessen kommt dem „akademischen Austausch als Instrument der Soft Diplomacy“ dabei eine immer stärkere Bedeutung zu. So sind die DAAD-Lektorate in Zeiten weltpolitischer Erschütterungen häufig so etwas wie der letzte deutsche akademische Standort im Ausland. Das machten während des Sommertreffens nicht nur die Länderberichte aus dem Iran und aus den Palästinensischen Gebieten deutlich. Auch in der gesamten arabischen Welt und in der Ukraine stehen der DAAD und seine Lektoren vor der Herausforderung, so lange wie es unter Sicherheitsaspekten zu verantworten ist, an den Universitäten Präsenz zu zeigen und auf den Dialog mit den Administrationen im Gastland zu setzen.

„Teheraner Universitäten sind sehr politische Gebilde“, erklärte Dennis Schröder, Leiter des DAAD-Informationszentrums Teheran, „deshalb bezeichne ich unsere Arbeit als vertrauensbildende Maßnahmen.“ Nach vielen Tassen Tee, Keksen und Datteln sei die Universitätsleitung in der Regel davon überzeugt, dass es dem DAAD nicht um politische Einflussnahme gehe, sondern um den Ausbau der akademischen Beziehungen. Diplomatisch verhält sich Schröders Kollegin Lea Winkelmann, DAAD-Lektorin an der Isfahan University of Technology, auch im Hinblick auf die von Frauen verlangte Kleiderordnung im Iran und sieht das unumgängliche Tragen des Kopftuchs pragmatisch: „Im Sommer schützt es vor der Sonne und im Winter vor der Kälte.“

Extremer Alltag in den Palästinensischen Gebieten

Mauern, Sperrzonen und Checkpoints gehören zum Alltag der Lektoren in den Palästinensischen Gebieten: Dr. Ulrike Mitter, DAAD-Lektorin an der nahe Ramallah gelegenen Birzeit University, und Dr. Carsten-Michael Walbiner, Leiter des DAAD-Informationszentrums in Ostjerusalem, bedrückt die derzeitige Eskalation des Nahost-Konflikts. Auch wenn die Arbeit an den Universitäten davon relativ unbeeinflusst weitergehe, werde der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern öfters deutlich: „Es gibt immer wieder Razzien im Westjordanland, und es gab auch eine Razzia auf dem Campus“, erzählte Walbiner. Auch könne es vorkommen, dass „man sich plötzlich mit der Forderung konfrontiert sieht, auf Arabisch zu unterrichten, aber das war ein Einzelfall“. Den DAAD-Lektoren komme eine Pionierrolle zu: „Wir qualifizieren zum ersten Mal PhD-Studenten“, führte Walbiner aus. „Am 14. Juli haben wir zudem einen Antrag auf Akkreditierung eines DaF-Studiengangs gestellt“, berichtete Ulrike Mitter. Die Kursberatung dafür werde in jedem Fall im September beginnen.

Weltweites Werben um die besten Studierenden und Akademiker

„Der DAAD ist ein Trendsetter in Sachen Bildungsmobilität“, sagte DAAD-Generalsekretärin Dr. Dorothea Rüland bei der Eröffnung des Lektorentreffens. Weltweit habe das Werben um die besten Studierenden und Akademiker mittlerweile an Dynamik gewonnen und werde zunehmend als Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung betrachtet. Die Lektoren seien dabei „ein zentraler Teil unseres guten Netzwerkes“. So war dem Lektorentreffen erstmals eine DAAD-Sommeruniversität des „Forum Internationale Wissenschaft (FIW)“ der Universität Bonn zum Thema „Die Internationalisierung des Hochschul- und Wissenschaftssystems weltweit“ vorgeschaltet. Unter Leitung von Professor Rudolf Stichweh, Direktor des FIW, und Professor David Kaldewey, hielten DAAD-Lektoren Vorträge über die Internationalisierung von Hochschulen aus der Sicht ihres jeweiligen Gastlandes. „Beide Seiten sind sich einig, dass wir dieses spannende Projekt fortsetzen sollten“, sagte Friederike Schomaker, die das DAAD-Referat für die fachliche Betreuung der Lektoren leitet.

Ein bereits etablierter Bestandteil des Lektorentreffens sind die Workshops zur fachlichen Weiterbildung, ebenso die Vorträge renommierter Gastredner aus Kultur, Wissenschaft und Politik. So sprach der Sozialpsychologe Professor Harald Welzer über Transformationsprozesse moderner Gesellschaften; für ausgezeichnete deutsche Gegenwartsliteratur stand die Lesung von Saša Stanišić, Träger des Preises der Leipziger Buchmesse 2014. Die „Perspektiven des Wissenschaftssystems“ beleuchtete Professor Peter Strohschneider, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Er legte dar, dass sich die Finanzierung des deutschen Wissenschaftssystems in einer zunehmenden Schieflage befindet: „Die strukturelle Unterfinanzierung der Universitäten gefährdet das gesamte System“, sagte Strohschneider. Umso wichtiger erscheinen angesichts dieser Herausforderung stabile Netzwerke des Austauschs und Lehrens, wie sie das DAAD-Lektorenprogramm beispielhaft entfaltet.

Claudia Wallendorf (1. August 2014)

Weitere Informationen

Das DAAD-Lektorenprogramm – Botschafter für die deutsche Sprache

Das DAAD-Lektorenprogramm ist das umfangreichste der Programme der Germanistik- und Deutschförderung des DAAD. Es wird aus Mitteln des Auswärtigen Amts finanziert und umfasst ein weltweites Netzwerk von rund 500 Lektorinnen und Lektoren in mehr als 110 Ländern. Sie vermitteln deutsche Sprache, Literatur und Landeskunde und unterrichten auch nichtphilologische Fächer mit Deutschlandbezug. Darüber hinaus bieten die DAAD-Lektoren Informationen zum Studienstandort Deutschland und organisieren extracurriculare Aktivitäten ebenso wie Fortbildungsangebote für Dozenten. Im Herbst werden alljährlich rund 100 Lektorate neu ausgeschrieben.