Gemeinsam für die Umwelt

DAAD

Afrikanische Studierende der Umweltinformationstechnik werden von Oldenburger Dozenten unterrichtet

Welche fatalen Folgen fehlendes oder falsches Umweltmanagement haben kann, haben die Industrieländer mit teilweise erschreckenden Resultaten vorgelebt. Die Schwellenländer wollen es nun besser machen. Mit seinen neuen "IKT für Afrika"-Maßnahmen fördert der DAAD mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) Studiengänge, die drängende Probleme im Umwelt- und Gesundheitsmanagement sowie im Transportwesen mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) angehen. Die drei aktuell für das Förderprogramm ausgewählten Studiengänge stellt das DAAD-Online-Magazin in einer Serie vor. In Teil 2: Wie die Universität Oldenburg die Lehre der Umweltinformationstechnik in Ghana, Tansania und Mosambik unterstützt.

Ohne ein Bewusstsein für Umweltschutz und Nachhaltigkeit lässt sich in Deutschland kaum noch ein Produkt verkaufen. Die Gesetze sind streng; etliche Kunden achten darauf, nicht versehentlich bekannte Umweltsünder zu unterstützen. Deshalb greifen große Unternehmen zur freiwilligen Selbstkontrolle. In Afrika dagegen ignorieren viele Firmen den Aspekt meist noch. „Aber der Nachholbedarf ist erkannt, der gesellschaftliche Wandel findet statt“, sagt Professor Jorge Marx Gómez. Er trägt an der Universität Oldenburg die Verantwortung für das Projekt „Enviromental Management Information Systems (EMIS) for the Subsaharan Region“, das dafür sorgen soll, dass in Ghana, Mosambik und Tansania Umweltverschmutzung in Zukunft verhindert wird.

Denn auch in Afrika ist es Zeit für einen Umbruch: Mitten in der ghanaischen Hauptstadt Accra stinkt eine Müllkippe zum Himmel. Nicht, weil der Müll dort verdirbt, sondern weil Kinder ihn verbrennen. Auf der Deponie Agbogbloshie laden Industrienationen ihren Elektroschrott ab. Mobiltelefone, Fernseher und Haushaltsgeräte werden als gebrauchte Ware importiert, weil die Einfuhr sonst verboten wäre. Anschließend kommen sie auf die Müllkippe, wo Kinder sich selbst und die Umwelt vergiften, indem sie die Geräte haufenweise in Brand stecken – um an das Kupfer und Aluminium darin zu kommen.

Wer von der Hand in den Mund leben muss, kann sich kaum leisten, über mittelfristige Gesundheitsrisiken nachzudenken“, erklärt Marx Gómez’ Mitarbeiter Markus Glötzel. Die Regierungen interessierten sich sehr für das Thema, doch müssten die Unternehmen noch stärker überzeugt werden. Akademische Partner von EMIS sind neben der Universität Oldenburg die University of Ghana, in Mosambik die Universidade Pedagógica und das tansanische Nelson Mandela African Institute of Science and Technology.

Es gibt zwei Arten von Umweltinformationssystemen, die die Studierenden programmieren. Die einen berechnen anhand bestehender Daten beispielsweise, wie hoch die CO2-Emissionen pro Tag sind. In solche Erhebungen fließen die bestellten Materialien, Produktionsmengen und Produktionsverlauf ein, sodass das Unternehmen am Ende zumindest eines zeigen kann: ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit.

Hoffnung auf Umweltbewusstsein und Jobs

Die andere Art ist die der Geoinformationssysteme. Diese sind nicht auf die Kooperation womöglich unwilliger Unternehmen angewiesen, im Gegenteil: Die Bevölkerung hilft oft mit, Umweltbelastungen zu erkennen. Kontaminierte Böden oder Rohre mit giftigem Abwasser kennen schließlich diejenigen am besten, die auf oder neben ihnen wohnen. Diese Form der Umweltbeobachtung wird es voraussichtlich sein, mit der sich die afrikanischen Studierenden hauptsächlich beschäftigen werden. Dr. Daniel Nukpezah, Projektverantwortlicher auf Seiten der University of Ghana, hofft aber, dass sie später nicht nur beim Staat Jobs finden werden. „Ich hoffe, sie bewähren sich international und kommen hierher zurück“, sagt er. „Sie könnten in der Industrie, im öffentlichen Dienst und in der Forschung Anstellungen finden.“

Die großen Universitäten in Ghana und Mosambik beginnen 2014 mit diesem Studiengang. Dabei unterstützt sie die Oldenburger Universität vor allem, indem sie Dozenten ausleiht. „Die Kollegen kommen alle mit sehr positiven Erfahrungen zurück“, berichtet Marx Gómez. „Die Arbeit an den Universitäten klappt ebenso gut wie die privaten Kontakte.“ Einige Seminare werden in Afrika extra entwickelt und lassen sich dann, so Marx Gómez’ Hoffnung, nach Deutschland übertragen. „Wir lernen durch die Zusammenarbeit selbst sehr viel“, sagt er. Tansania soll in der Kooperation bald nachziehen, dort ist man jedoch noch nicht soweit – der Kooperationspartner ist erst seit Kurzem dabei.

Bereits jetzt sind einige afrikanische Studierende an der Oldenburger Universität. Sie nehmen sich kleinerer Forschungsprojekte an, übernehmen Programmierarbeiten und entwickeln Fachkonzepte. „Viele von ihnen streben ein Stipendium an“, sagt Marx Gómez – ein Hinweis darauf, dass sie gerne in Deutschland sind. „Wenn Afrikaner aus Deutschland zurückkommen, erinnern sie sich oft nostalgisch daran, wie gut alles organisiert war“, erzählt Daniel Nukpezah. „Allerdings finden einige von ihnen die Deutschen nicht sehr gastfreundlich. Sie würden sich gerne noch mehr integrieren und mehr Kontakte knüpfen.“

Austausch und Annäherung

In die andere Richtung ist der Austausch noch nicht recht angelaufen. „Die deutschen Studenten wollen keine Zeit verlieren, deshalb müssten wir ihnen erst in Afrika Module anbieten, die ihnen angerechnet werden“, sagt Markus Glötzel. Die Verhandlungen hierüber laufen, aber Projektarbeit und Forschungsprogramme sind bereits problemlos möglich. Vor allem für Doktoranden bietet das spannende Möglichkeiten. Zudem hält Daniel Nukpezah die afrikanischen Hochschulen in Sachen Flexibilität für beispielhaft. „Unser System macht es leicht, sich von Freunden und Kommilitonen helfen zu lassen, um in den schwachen Bereichen aufzuschließen“, erklärt er. Damit fängt die Hochschule unter anderem die unterschiedliche Vorbildung im Umgang mit Computern auf. Eine Besonderheit, die auch die deutschen Lehrenden beachten müssen: „Man kann einander nur helfen, wenn man die soziokulturellen Unterschiede beachtet“, sagt Nukpezah. „Dabei sind Austauschprogramme eine große Hilfe.“

Julia Bähr (3. Februar 2014)