''Die meisten kommen ohne Deutschkenntnisse''

DAAD

Carola Orellana aus Chile

Im Frühjahr 2014 fand an der Universität Münster die 41. Jahrestagung des Fachverbandes Deutsch als Fremdsprache (FaDaF) statt, die jährlich ein zentrales Forum zu Fragen rund um die Vermittlung des Deutschen an Nicht-Muttersprachler im In- und Ausland bietet. Die Jahrestagung ist für ausländische Deutschdozenten eine hervorragende Möglichkeit, in Kontakt mit deutschen und internationalen Kollegen zu treten, die sich mit der Erforschung und Lehre des Deutschen als Fremdsprache beschäftigen. Wir stellen fünf von ihnen vor. Heute: Carola Orellana aus Chile.

Carola Orellana ist in Chile geboren, doch auf der Flucht vor Pinochets Militärdiktatur nahmen die Eltern ihre Tochter mit nach Frankfurt am Main. Dort ist die heute 41-Jährige aufgewachsen. „Aber als ich 15 Jahre alt war, hat mich das Interesse an meiner Heimat zurück nach Südamerika gezogen“, erzählt die Universitätsdozentin für Deutsch als Fremdsprache. Ihr multikultureller Hintergrund spiegelte sich in ihrem DaF-Lehramtsstudium wider, das Studium der Erziehungspsychologie schloss die Frau aus Chillán zusätzlich an. Seit mittlerweile elf Jahren unterrichtet sie Studierende der Übersetzungswissenschaften in Spracherwerb, deutscher Literatur und Kulturgeschichte an der Universität von Concepción.

„Das erfordert viel Arbeit, denn die meisten Studenten kommen ohne Deutschkenntnisse zu uns“, sagt Carola Orellana. „In den staatlichen Schulen kann man kein Deutsch lernen, auch nicht in jeder privaten.“ Englisch ist in Südamerika schon wegen der Nähe zu den USA Fremdsprache Nummer eins. In Chile gibt es allerdings mit 27 deutschen Schulen weltweit die meisten. Und durch die große Zahl deutscher Einwanderer gibt es viele Deutsch sprechende Chilenen. Carola Orellana kennt einen weiteren Grund, warum viele ihrer Landsleute Deutsch lernen: „Viele Studierende aus technischen Fachrichtungen, wie zum Beispiel Ingenieure, wollen Deutsch lernen, weil sie einen Platz in einem der staatlich geförderten Austauschprogramme anstreben.“ Der Stellenwert einer Sprache orientiert sich in Chile auch immer an den Chancen auf dem Markt, die der Spracherwerb verspricht. Carola Orellana ist es recht, solange sie bei möglichst vielen das Interesse an der deutschen Sprache wecken kann.

Pjer Biederstädt (17. April 2014)