''Eigentlich wollte ich Englisch lernen''

DAAD

Nataliya Dudova aus Russland

Wir stellen fünf Menschen vor, die an Hochschulen in ihrem Heimatland Deutsch als Fremdsprache unterrichten. Den Anfang macht Dr. Nataliya Dudova aus Russland, wo eine andere Sprache auf dem Vormarsch ist.

Vom 20.-22. März 2014 fand an der Universität Münster die 41. Jahrestagung des Fachverbandes Deutsch als Fremdsprache (FaDaF) statt, die jährlich ein zentrales Forum zu Fragen rund um die Vermittlung des Deutschen an Nicht-Muttersprachler im In- und Ausland bietet. Um den Dialog zwischen in- und ausländischen Experten für Deutsch als Fremdsprache zu stärken, fördert der DAAD im Rahmen der Jahrestagung universitäre Deutschlehrer aus unterschiedlichen Ländern mit einem eigenen Fortbildungsprogramm, das zugleich die Teilnahme an der Tagung ermöglicht.

Die FaDaF-Jahrestagung ist für die ausländischen Deutschdozenten eine hervorragende Möglichkeit, in Kontakt mit deutschen und internationalen Kollegen zu treten, die sich mit Erforschung und Lehre des Deutschen als Fremdsprache beschäftigen. Aktuelle Diskussionen etwa zu Tendenzen des Deutschinteresses in der Welt, aber auch zu methodisch-didaktischen Entwicklungen erweitern die eigenen Kenntnisse. Auch Nataliya Dudova nutzte diese Gelegenheit.

"Das Ansehen der Sprache sinkt nicht"

Als sie erfuhr, dass sie Deutsch lernen soll, weinte sie. Damals war Nataliya Dudova ein kleines Mädchen an einer weiterführenden Schule in ihrer Heimatstadt Omsk in der ehemaligen Sowjetunion. „Der Lehrer kam in die Klasse und hat festgelegt, dass die linke Seite der Klasse Englisch, die rechte Deutsch zu lernen habe“, erzählt sie. „Ich war so traurig, denn ich wollte lieber Englisch lernen.“ Heute unterrichtet die 33-jährige Dozentin angehende Übersetzer an der fremdsprachlichen Fakultät der Dostojewski-Universität zu Omsk und gibt für Lektoren der Robert-Bosch-Stiftung Seminare über DaF-Unterricht im osteuropäischen Kontext. „Mittlerweile liebe ich die deutsche Sprache“, sagt sie.

Dass die Lehrkultur in Russland auch nach 1991 eine andere ist als in Deutschland, spürte Nataliya Dudova während ihrer Promotion in kognitiver Linguistik in der Germanistik. Das Dissertationsthema „Konzeptualisierung der Niederschläge im deutschen Sprachweltbild“ hat sie sich nicht ausgesucht, sondern es wurde ihr vorgegeben. „Die Art zu lehren und zu lernen ist in Russland bis heute lehrerzentriert und unterscheidet sich von der deutschen Diskussionskultur“, sagt Nataliya Dudova, die die sinkende Zahl der Deutschlerner in Russland bedauert. In den Sekundarschulen ist nur eine Fremdsprache verpflichtend, weshalb die „Weltsprache“ Englisch auf dem Vormarsch ist. „Aber Deutschland ist ein wichtiger Partner. Das Ansehen der Sprache sinkt nicht, was man an den vielfältigen Möglichkeiten, sie zu studieren, ablesen kann“, sagt Nataliya Dudova.

Pjer Biederstädt (28. März 2014)