Besser heilen

HS Neu-Ulm

Die Kenntnisse der Studierenden sollen helfen, Arbeitsabläufe in Kliniken zu verbessern

Was ist der ideale Ablauf, um Patienten aufzunehmen und richtig zu versorgen? Eine Fachrichtung der Informatik setzt sich mit dieser Frage auseinander. Mit seinen neuen "IKT für Afrika"-Maßnahmen fördert der DAAD mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) Studiengänge, die drängende Probleme im Umwelt- und Gesundheitsmanagement sowie im Transportwesen mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) angehen. Die drei aktuell für das Förderprogramm ausgewählten Studiengänge stellt das DAAD-Online-Magazin in einer Serie vor. In Teil 3: Wie eine Studiengruppe gemeinsam zwischen Neu-Ulm, Kenia und Südafrika pendelt.

Das erste Semester liegt schon hinter den 24 Masterstudierenden der Hochschule Neu-Ulm, der Kenya Methodist University und der südafrikanischen University of the Western Cape. Sie absolvieren alle Kurse in jeweils sechswöchigen Blockseminaren gemeinsam – und reisen dabei von Land zu Land. Die erste Einheit absolvierte die Studiengruppe im November und Dezember in Neu-Ulm, wo sie gleich interkulturelle Kompetenzen erwerben konnte: „Die Deutschen waren erst etwas überrascht, dass die afrikanischen Dozenten ihnen so viele Hausaufgaben mitgeben“, erzählt Professor Olaf Jacob von der Hochschule Neu-Ulm.

Denn nicht nur die Studierenden stammen zu gleichen Teilen aus den drei teilnehmenden Ländern. Auch die Dozenten der Kenya Methodist University und der University of the Western Cape waren in Neu-Ulm dabei, um ihr Wissen weiterzugeben. „Jede der Hochschulen hat ihre Stärke“, erklärt Jacob. „In Kenia kennt man sich mit nationaler Gesundheitspolitik hervorragend aus. Die Südafrikaner lehrten vor allem die Grundlagen der IT. Und die Deutschen konzentrierten sich auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte.“

Kommunikationstechnologie für Krankenhäuser

Diese Mischung porträtiert das Fach insgesamt sehr gut: Das Informationsmanagement im Gesundheitswesen oder, wie es im Englischen flüssiger heißt, Health Information Management soll die Abläufe in Krankenhäusern verbessern. Von der Aufnahme des Patienten in der Ambulanz über die Behandlung bis hin zur Rechnungsstellung nach der Entlassung können die Computersysteme hier gute Dienste leisten. Vorausgesetzt, sie sind den Bedingungen entsprechend eingerichtet und werden professionell gepflegt. Auch bei der Datenübertragung über größere Distanzen in der Telemedizin kommt Kommunikationstechnologie zum Einsatz. Für die Kliniken sind die Auswertungen ihrer Daten hochinteressant: Wie oft kommen welche Krankheitsbilder vor? Wie hoch sind die Kosten für die Behandlung? Wie lange bleiben die Patienten im Schnitt?

Open-Source-Programme individuell nutzen

„In Afrika werden solche Informationen noch heute häufig mit Karteikarten manuell sortiert“, sagt Olaf Jacob. Das Hauptproblem bei der flächendeckenden Einführung von Informationssystemen sei die Finanzierung. Dabei könnte ein Open-Source-Programm helfen, dessen Quelltext frei erhältlich ist und von jedem für die eigenen Bedürfnisse modifiziert und weiter verbreitet werden darf. Auf diese Weise müssten die Krankenhäuser keine teuren Software-Lizenzen kaufen, sondern nur jemanden beauftragen, der ihnen das System anpasst und einrichtet: jemanden wie die Studierenden des trilateralen Masterprogramms.

Dabei wird ihnen die Auslandserfahrung gute Dienste leisten. Dr. Wanja Mwaura-Tenambergen ist auf kenianischer Seite für die Kooperation zuständig und weiß, dass ihre Studierenden nicht nur die technische Ausstattung in den deutschen Kliniken schätzen. „Sie haben die soziale Gerechtigkeit und Sozialfürsorge in Deutschland erlebt“, sagt sie. Eine Erfahrung, die sie mit nach Hause genommen haben.

Zusammenhalt in Neu-Ulm

Die Projektverantwortlichen sehen die Zukunft der Absolventen vor allem in Kliniken und Ministerien. „Außerdem kann ich sie mir gut an der Universität vorstellen“, sagt Mwaura-Tenambergen. „Aber auch in Forschungsorganisationen und ganz allgemein als Vermittler einer besseren Gesundheitspolitik. Wir bereiten die Studierenden sowohl auf Tätigkeiten im öffentlichen als auch im privaten Gesundheitswesen vor.“ Olaf Jacob rechnet damit, dass alle Absolventen später in ihre Herkunftsländer zurückkehren werden, obwohl die Gruppe schon beim Aufenthalt in Neu-Ulm eng zusammengeschweißt wurde: Die Studierenden wurden nicht in Gastfamilien untergebracht, sondern in eigens angemieteten Appartements, in denen sie sich selbst verköstigen konnten. Für Unterkunft und Reisekosten müssen sie nicht alleine aufkommen – der DAAD unterstützt sie bei der Finanzierung.

Am Ende des Studiengangs steht ein gemeinsamer deutsch-kenianischer Abschluss. Südafrika geht in diesem Punkt einen eigenen Weg: Südafrikanische Absolventen erhalten einen eigenen Abschluss. Ohnehin wird in der Lehre auf unterschiedliche Voraussetzungen eingegangen: „Man darf die Sache nicht missionarisch angehen“, sagt Jacob. „Deutsche Konzepte lassen sich anderswo nicht eins zu eins umsetzen. Da spielt auch der Kostendruck eine Rolle.“ Eine weitere Herausforderung sieht er in den afrikanischen Strukturen. Filz und Bestechung seien vielerorts noch recht ausgeprägt, der betriebswirtschaftliche Optimierungsgedanke habe sich noch nicht überall durchgesetzt. Das schaffe Barrieren für Mitarbeiter, sich auf die neue Technologie einzulassen – Barrieren, die die Absolventen des neuen trilateralen Studiengangs abbauen können.

Julia Bähr (18. Februar 2014)

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