Tadschikistan: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Hochschul- und Bildungssysteme im Ausland weisen häufig gravierende Unterschiede zu Deutschland auf. Erfahren Sie mehr über die Hochschulen, das Studiensystem und die Sprachvoraussetzungen.

Hochschulen

Der Hochschulsektor gliedert sich in drei Hochschultypen: Universitäten, Akademien und Institute. Universitäten und Akademien bieten die Abschlüsse BA (vier Jahre), MA (zwei Jahre) und „Diplom specialista“ (fünfjährige Qualifikation aus dem alten tadschikischen Hochschulsystem, die zwischen BA und MA angesiedelt ist) an. Universitäten verfügen über ein breites Angebot an Fachrichtungen, während Akademien sich auf eine begrenzte Anzahl an Fachbereichen spezialisieren. Institute bieten nur BA-Abschlüsse und das „Diplom specialista“ an.

bsolventen mit einem „Diplom specialista“ oder MA können zu einem zweistufigen Promotionsverfahren zugelassen werden. Die erste Phase dieser akademischen Ausbildung dauert drei Jahre und dient der Vorbereitung auf die Promotion und die Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Sie endet mit der Verteidigung einer Forschungsarbeit und der Verleihung des Titels „kandidat nauk“. Danach kann sich eine weitere dreijährige Phase der akademischen Ausbildung anschließen, die ebenfalls mit der Verteidigung einer Forschungsarbeit und der Verleihung des akademischen Titels „doktor nauk“ endet. Jüngst hat Tadschikistan begonnen, den akademischen Abschluss des PhD einzuführen.

Der Hochschulsektor zählt zurzeit 38 Hochschulen mit circa 265.000 eingeschriebenen Studierenden. Die Mehrzahl der Hochschulen befindet sich in der Hauptstadt Duschanbe.

Hochschulzugang

Der Zugang zu tertiärer Bildung hängt sehr stark von Geschlecht, sozio-ökonomischem Status und geographischer Lage ab. Lediglich ungefähr 40 Prozent der Studierenden sind Frauen. Studierende aus den wohlhabendsten 40 Prozent der Gesellschaft machen 65 Prozent der Gesamtstudierendenzahl aus, während nur 5 Prozent der ärmsten 20 Prozent und 16 Prozent der ärmsten 40 Prozent der Gesellschaft in der Studierendenschaft vertreten sind.

Hochschulfinanzierung und -steuerung

Das tadschikische Hochschulsystem wird zentral von unterschiedlichen Regierungsorganen gesteuert. Hochschulen werden von einem durch die Regierung ernannten Rektor geleitet und implementieren Vorgaben der Regierung. Damit sind die Hochschulen lediglich ausführende Organe und haben weder Kapazitäten noch Anreize für institutionelle Strategien und eigene Verantwortung. Es gibt neben dem Rektorat keine weiteren nennenswerten institutionellen Organe, die Lehrenden, Universitätsangestellten und Studierenden eine Beteiligung an Entscheidungsprozessen ermöglichen könnten. Fakultätsangehörige, Studierende und der private Sektor sind kaum an der Entwicklung von Lehrinhalten beteiligt. Die Studienpläne werden zentral von der Regierung beziehungsweise dem Bildungsministerium vorgegeben. Sie enthalten neben dem gewählten Studienfach verpflichtende allgemeinbildende Kurse in den Bereichen Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften, Mathematik und Naturwissenschaften. Die Relevanz des Curriculums und die Arbeitsmarktfähigkeit der Absolventen sind durch die zentralistische Führung und Abkopplung von Ausbildung und Anforderungen des Arbeitsmarkts oft mangelhaft.

Bildungsstandards werden vom Bildungsministerium beziehungsweise einer vom Bildungsministerium beauftragten Staatsagentur vorgegeben. Qualitätskonzepte, -instrumente und -formate sind nicht klar definiert. Auf der institutionellen Ebene gibt es vielfältige Ansätze der Qualitätssicherung, jedoch ohne kohärentes internes Qualitätssicherungssystem. Qualitätssicherung beschränkt sich größtenteils auf Kontrollmechanismen und eine Sammlung inkohärenter quantitativer Daten. Untersuchungen zu Lernprozessen und Lehrmethoden sowie Selbstevaluierung zur Qualitätssteigerung sind kaum bis nicht vorhanden.

Im Verhältnis zur wirtschaftlichen Entwicklung sind die Ausgaben für Bildung pro Student in Tadschikistan nicht niedrig. Dennoch ist das Bildungssystem unterfinanziert, da Bildungsinstitutionen zum Aufbau und zur Modernisierung bei Importen bzgl. Gütern (Bibliotheken, Computer, Labore, Internet, etc.) und Leistungen (Lehrkörper) auf internationale Preisangaben und Gehälter angewiesen sind. Außerdem werden Bildungsausgaben nicht effektiv getätigt. Es werden beispielsweise 30 Prozent des staatlichen Bildungsbudgets für Stipendien verwendet, ohne dass es eine ausgearbeitete und zielführende Förder- und Stipendienpolitik gibt.

Die Finanzierung der Hochschulen setzt sich hauptsächlich aus zwei Ressourcen zusammen, dem staatlichen Budget einerseits sowie Studiengebühren andererseits.

Ungefähr 60 Prozent des Budgets der Hochschulen wird von den Hochschulen selbst erwirtschaftet. Seit 2012 werden die von den Hochschulen eingeworbenen Gelder zum staatlichen Budget gezählt. Das Finanzministerium behält 10 Prozent des universitären Einkommens ein und zahlt die restlichen ittel wieder an die jeweiligen Hochschulen aus. Alternative Finanzquellen wie zum Beispiel Drittmittel aus dem Privatsektor gibt es kaum, da die Regierung und die bisherigen Steuerbestimmungen keine Beteiligung des Privatsektors bei der Finanzierung von Bildungseinrichtungen fördern.

Studiensystem

Das akademische Jahr ist folgendermaßen strukturiert:

  1. Semester: Anfang September - Anfang Januar Januar - Anfang Februar Prüfungsphase
  2. Semester: Mitte Februar - Anfang Juni Juni - Anfang Juli Prüfungsphase

Universitäten und Akademien bieten BA (vier Jahre), MA (zwei Jahre) und Diplom specialista (Qualifikation aus dem alten tadschikischen Hochschulsystem, die zwischen BA und MA angesiedelt ist, fünf Jahre) an und Institute bieten nur BA und Diplom specialista an. Absolventen mit einem Diplom specialista oder MA können sich als aspirantura (drei Jahre) einschreiben.