Israel: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

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Entwicklungsphasen
Aktuelle Situation
Individuelle Beratung zu Wissenschaftskooperationen mit Israel
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Neben diesen Einrichtungen und der ausschließlich Fernstudiengänge anbietenden Open University, gibt es im Land 32 Academic Colleges, sowie 21 Teacher-training Colleges (Stand: Akademisches Jahr 2017/18). Colleges bieten im Unterschied zu den Universitäten nicht die Möglichkeit einer Promotion (ein College bekam im März dieses Jahres das Promotionsrecht im Fachbereich Jura zugesprochen) und betreiben (fast) keine Forschung. Des Weiteren können an ihnen nicht alle Fächer studiert werden, die an Universitäten angeboten werden. Zwar verzeichnen die Colleges die größten Zuwächse in den vergangenen Jahren – 2013/14 waren 96.927 Studierende an einem College immatrikuliert-, jedoch sind die meisten Studierenden 2013/14 weiterhin an Universitäten eingeschrieben (2013/14 – die letzten öffentlich zugänglichen Zahlen – sind dies 134.186).

Die Haushalte der Universitäten werden i.d.R. zu einem großen Teil vom Staat finanziert. Des Weiteren sind Drittmittel, Studiengebühren, Projektförderungen (v.a. aus EU-Programmen) und Spendengelder (vorwiegend von US-amerikanischen Freundeskreisen und Einzelpersonen) eine wichtige finanzielle Ressource. Zusätzlich bekommen die Universitäten Mittel für sonderfinanzierte Forschungsprojekte, welche sich aus öffentlichen Haushalten finanzieren.
Allgemein gilt, dass Studierende an allen Hochschulen Studiengebühren zu entrichten haben, vom Bachelor bis zum Promotionsstudium, wobei sich die Höhe der Gebühren bei staatlichen und privaten Einrichtungen stark unterscheidet. Die Tatsache, dass ein Master-Studium in bestimmten Fachrichtungen ohne Abschlussarbeit absolviert werden kann, kann als Besonderheit des israelischen Hochschulsystems gesehen werden (eine Zulassung zur Promotion ist dann jedoch nicht möglich). Des Weiteren haben Israelis die Möglichkeit, ihre „Bagrut“-Noten (die Hochschulzugangsberechtigung) in den verschiedenen Teilbereichen nachträglich zu verbessern, dies ist quasi ein Leben lang möglich. Neben diesen Noten ist es v.a. der psychometrische Test, der Ausschlag über den Zugang zu einem bestimmten Studienplatz gibt. Die sogenannte „Mechina“, ein einjähriges Vorbereitungsprogramm auf die Hochschule, ist für viele ein integraler Bestandteil ihrer akademischen Ausbildung.

Entwicklungsphasen

Bis in die 1990er Jahre verfolgte Israel im Hochschulbereich eine Strategie, die sich unter dem Motto Excellence for the few subsumieren lässt: Ein elitäres System, in dem die Universitäten dominierten (während dieser Zeit war die Anzahl der Colleges sehr begrenzt), das es verstand, beeindruckende Leistungen im akademischen Bereich hervorzubringen und durch eine relativ geringe Anzahl an Studierenden und adäquate Budgetierung charakterisiert war.
Ab Mitte der 1990er Jahre bis zum Jahr 2009 kann hier ein drastischer Wandel verzeichnet werden: In einer Zeit, die als quantity vs. quality trade-off bezeichnet werden kann, wuchs die Anzahl der Colleges, welche nun in Bezug auf geographische, aber auch sozio-ökonomische Aspekte einer ungleich größeren Anzahl von Israelis die Möglichkeit eröffneten, ein Studium aufzunehmen. So wuchsen bis zur Jahrtausendwende die Studierendenzahlen pro Jahr um durchschnittlich 8,1%, bei Bachelor-Studierenden sogar um 8,7%. Studierten 1989/90 gerade einmal 75.487 Studierende an Israels Hochschulen (ohne die Open University), so waren es 2013/14 264.844. Nicht einher mit diesem Wachstum ging jedoch die finanzielle Unterfütterung des expandierenden Systems – im Gegenteil, die öffentliche Finanzausstattung pro Studierendem ging zurück, personell sah man sich mit den Herausforderungen eines alternden, schrumpfenden Lehrkörpers an den Hochschulen konfrontiert und der vielzitierte „Brain Drain“ nahm in Israel besondere Ausmaße an: So befanden sich im Jahr 2003/04 25% des israelischen Lehrkörpers an einer US-amerikanischen Hochschule (zum Vergleich: bezogen auf deutsche WissenschaftlerInnen belief sich der Anteil auf 2,9%).

Als Reaktion auf diese Entwicklungen ist der sogenannte Sechsjahresplan für den Zeitraum 2010 bis 2015/16 zu sehen, der vom Planning and Budgeting Committee, einem Unterkomitee des Council for Higher Education (CHE), im akademischen Jahr 2010/11 verabschiedet wurde. Dieser Mehrjahresplan sah eine Aufstockung des Etats für das Hochschulsystem (30% im Verlauf der nächsten fünf Jahre) vor, welche den oben genannten Problemen und Herausforderungen Rechnung tragen sollte. Unter dem Motto „Renewed Excellence“ wurden neben dieser finanziellen Unterfütterung des Hochschulsystems auf inhaltlicher Ebene zum einen vor allem die personelle Aufstockung des Lehrkörpers und die Erhöhung der konkurrenzfähigen Forschungsressourcen forciert. 16 sogenannte I-Core Center (Israeli Centers for Research Excellence), als Pendant zur deutschen Exzellenzinitiative zu verstehen, sind mittlerweile ins Leben gerufen worden: Diese Zentren verbessern die Forschungsinfrastruktur des Landes und geben Zusammenschlüssen von 15 bis 25 WissenschaftlerInnen eine Plattform, sich intensiver Forschung in ihren Fachbereichen zu widmen bzw. auf internationaler Ebene zu kooperieren. Hochqualifizierte ForscherInnen sollen angezogen und ins Ausland abgewanderte zurückgewonnen werden (ca. 60 israelische WissenschaftlerInnen konnten bis Januar 2014 – vorwiegend aus den USA – rekrutiert werden). Des Weiteren werden im Zuge dieser Entwicklung internationale Kooperationen bestärkt. Die 16 bestehenden I-Core Center können vier übergeordneten Fachbereichen zugeordnet werden: Sozial- und Rechtswissenschaften (Mass Trauma Research, Empirical Legal Studies, Education and the New Information Society), Geisteswissenschaften (Abrahamic Religions, Study of Modern Jewish Culture), Ingenieurwissenschaften & exakte Naturwissenschaften (Solar Fuels, Algorithm Research, Astrophysics, Particles & Astroparticles, Light and Matter) und Medizin & Lebenswissenschaften (Cognitive Scienes, Molecular Medicine, Structural Biology of the Cell, Plant Adaptation, Chromatin and RNA Gene Regulation, Dynamic Processes in Living Systems).
Zum anderen wurde auf inhaltlicher Ebene der Fokus auf bislang im Hochschulsystem unterrepräsentierte Gruppierungen gelegt, allen voran arabische Israelis (in der Mehrheit Muslime, aber auch Christen, Drusen und Beduinen) und Ultraorthodoxe. Bei beiden Gruppierungen spielen kulturelle, soziale und sozio-ökonomische Gründe eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, nachzuvollziehen, weshalb sie in den vergangenen Jahrzehnten im israelischen Hochschulsystem sowohl prozentual als auch absolut nicht adäquat repräsentiert waren.

In den letzten Jahren ging man nun vermehrt dazu über, für ultraorthodoxe Israelis eigene Institutionen zu gründen (diese Entwicklung zeichnete sich bereits ab dem Jahr 2000) ab und mittlerweile nehmen bereits ungefähr 6.000 Ultraorthodoxe für sich die Möglichkeit in Anspruch, an einer Handvoll Hochschuleinrichtungen, welche in regem Austausch mit den bereits existierenden akademischen Institutionen stehen, einem Studium nachzugehen, an welchen den besonderen Anforderungen (Einhaltung der Geschlechtertrennung, etc.) Rechnung getragen wird.
Für arabische Israelis soll nun der Hochschulbetrieb generell attraktiver gemacht werden, z.B. durch Stipendien, wobei ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt wird, der bereits im Schulalter ansetzt und sich bis auf Promotions-, Postdoc- und Professoren-Ebene nachzeichnen lässt.

Aktuelle Situation

2017 wurde der nächste Mehrjahresplan für das israelische Hochschulsystem verabschiedet. An zentraler Stelle steht die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel (zwei Milliarden NIS) zur Förderung wissenschaftlicher Exzellenz und für Forschungsinfrastrukturen, wobei der Etat für das Hochschulsystem für das Jahr 2021 auf ca. 12 Milliarden NIS festgelegt wurde (im Vergleich 2016: 10 Milliarden NIS). Inhaltlich wird der Fokus auf die Stärkung des Bereichs Internationalisierung gelegt: Der Anteil internationaler Studierender (hier v.a. Graduierte, PostDocs und Studierende mit Kurzzeit-Aufenthalt in Israel) soll im Laufe von fünf Jahren auf 25.000 erhöht werden, was dann 6% aller Studierenden in Israel ausmachen würde (aktuell ca.1,4%). Ein weiterer Fokus des Mehrjahresplans wird auf sogenannte High-Tech-Studiengänge gelegt (electrical and electronic engineering, computers, information systems and computer sciences), so dass israelische Kooperationspartner in diesem Bereich zukünftig von noch größerem Interesse sein könnten.
Auch bereits im letzten Mehrjahresplan gesetzte Schwerpunkte sind weiterhin relevant, wobei neben der Integration von Ultraorthodoxen und arabischen Israelis nun auch äthiopische Juden und die Bevölkerung in der Peripherie des Landes verstärkt in das Hochschulsystem eingebunden werden sollen. Die Förderung von Frauen in Studium, Lehre und Forschung kann ebenfalls als übergeordnetes strategisches Ziel dieses Mehrjahresplans beobachtet werden.

Verfasserin: Verena Shifferman, Leiterin des Informationszentrums Tel Aviv

Der DAAD ist in Isreal mit einem Informationszentrum und einem Lektorat in Tel Aviv sowie jeweils einem Lektorat in Haifa und Jerusalem vertreten.