Peru: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Zwischen den 31 staatlichen und den 45 privaten Universitäten mit staatlicher Anerkennung in Peru sind die Qualitätsunterschiede im Vergleich zu Deutschland deutlich stärker ausgeprägt. So existiert einerseits eine Vielzahl von Hochschulen, deren Standards nicht denen deutscher Hochschulen entsprechen oder die sich selbst in Peru noch im Prozess der staatlichen Anerkennung befinden. In Lima und regionalen Zentren wie Arequipa oder Piura haben verschiedene Universitäten aber durchaus ein hohes Lehr- und Forschungsniveau.

In der Lehre zählen zu den renommierten öffentlichen Universitäten beispielsweise die lateinamerikaweit älteste und prestigeträchtige Universidad Nacional Mayor de San Marcos (UNMSM), die auf Ingenieurwissenschaften ausgerichtete Universidad Nacional de Ingeniería (UNI) und die Universidad Nacional Agraria de la Molina (UNALM) mit agrarwissenschaftlichem Schwerpunkt. Private Universitäten mit hohem Standard sind etwa die in vielen nationalen und internationalen Rankings landesweit führende Pontificia Universidad Católica del Perú (PUCP), die Universidad Peruana Cayetano Heredia (UPCH) mit einem Schwerpunkt in Medizin und die besonders auf den Bereich Wirtschaftswissenschaften spezialisierte Universidad del Pacífico (UP).

Der Hochschulzugang erfolgt an den meisten Universitäten über Zugangsprüfungen, wobei aufgrund des geringen Niveaus der öffentlichen Schulen die Absolventen kostenpflichtiger Privatschulen oft deutliche Vorteile haben. Auf die Zulassungsprüfungen der Universitäten bereiten sich viele Peruanerinnen und Peruaner schon über Jahre parallel zum Schulunterricht an kostenpflichtigen Instituten vor. Die meisten großen Universitäten verfügen selbst über solche Institute (Centros Preuniversitarios). Wer diesen kostenpflichtigen Zusatzunterricht besonders erfolgreich absolviert, erhält teilweise auch einen Direktzugang zu den Universitäten und kann so die Aufnahmeprüfungen umgehen. Staatliche Universitäten erheben in Peru meist keine Studiengebühren, während viele private Universitäten ein nach dem Familieneinkommen gestaffeltes Gebührensystem anwenden, das je nach Universität im Höchstfall bis zu monatlichen Beträgen von umgerechnet über 1.000 Euro reichen kann.

Das 2014 in Kraft getretene Universitätsgesetz (Ley Universitaria) zielt unter anderem darauf ab, die Qualität der Ausbildung an den peruanischen Universitäten zu verbessern und die Hochschullandschaft insgesamt zu standardisieren. Dazu wurden neue Mindestkriterien eingeführt. Im Bachelorbereich ist seither eine Abschlussarbeit verpflichtend. Universitätsdozenten sollen mindestens über ein Studium auf Masterniveau verfügen, was zuvor oftmals nicht selbstverständlich war. Im Rahmen des Hochschulgesetzes wurde außerdem die bisherige Nationale Rektorenversammlung (Asamblea Nacional de Rectores) durch die SUNEDU (Superintendencia Nacional de Educaión Superior Universitaria) ersetzt, die unter der Führung des Bildungsministeriums die Einrichtung von Universitäten genehmigt, deren Standards reguliert und auch für die Anerkennung von Titeln zuständig ist.

Neben der Hochschullehre ist auch die peruanische Forschungslandschaft äußerst heterogen. Einerseits wird an den meisten peruanischen Universitäten kaum geforscht, andererseits existieren vereinzelt aber sehr aktive und ambitionierte Forschungsuniversitäten und -projekte. Die Gründe für den Rückstand sind vielschichtig, können aber auf einen Nenner gebracht werden: Aufgrund des Rohstoffreichtums in Peru und des dadurch generierten rasanten Wachstums sah man lange keine politische Notwendigkeit, andere oder ergänzende Wertschöpfungsketten aufzubauen, die ein höheres Maß an Technologie und Innovation erfordert hätten. Konnte Peru also in den letzten Jahren einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung verzeichnen, so hielt die Entwicklung der Forschungslandschaft mit diesem nicht Schritt. Die Regierung ist inzwischen bemüht, diesen Rückstand aufzuholen. So wurden in den letzten Jahren zwei Förderprogramme (Fincyt und Fidecom) entwickelt, die mit Hilfe der Interamerikanischen Entwicklungsbank umgerechnet rund 150 Mio. Euro für Forschung zur Verfügung stellen.

Neben dem Bildungsministerium spielt der nationale Rat zur Wissenschaftsförderung CONCYTEC eine immer wichtigere Rolle in der peruanischen Bildungs- und Forschungslandschaft. Anfangs dem Bildungsministerium untergeordnet, wurde es unter Staatspräsident Humala in die Zuständigkeit des Premierminister-Büros überführt.
Im Trend der zunehmenden Förderung und Bedeutung der Forschung in Peru soll auch das neue Universitätsgesetz die Forschung an den Hochschulen stärken und fordert beispielsweise, dass in Zukunft jede Universität über mindestens ein Forschungsinstitut verfügen soll. Dennoch bleibt in absehbarer Zeit ernstzunehmende Forschung in Peru wohl auch weiterhin auf einzelne Zentren beschränkt, zu denen staatliche Universitäten wie die Universidad Nacional Mayor de San Marcos (UNMSM) oder die Universidad Nacional de Ingeniería (UNI) und private Universitäten wie die Pontificia Universidad Católica del Perú (PUCP) oder die Universidad Peruana Cayetano Heredia (UPCH) zählen, die sich schon lange klar als Forschungsuniversitäten begreifen.

Verfasser: Stephan Paulini, ehem. Leiter des DAAD-Informationszentrums Lima