Honduras: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Honduras ist eines der ärmsten Länder Lateinamerikas und nach Nicaragua das zweitärmste Land Zentralamerikas. Entsprechend ist es um das Bildungsniveau der honduranischen Bevölkerung bestellt. Etwa 20 Prozent der Honduraner sind Analphabeten, allerdings ist zu beachten, dass sich diese Angabe auf die offizielle Landessprache bezieht; Angehörige indigener Gemeinschaften können zwar gegebenenfalls Spanisch weder lesen noch schreiben, sind aber in ihrer Muttersprache durchaus dazu in der Lage.

Etwa 5,9 Prozent des BIP werden in Bildung investiert. Das mag im Verhältnis zunächst viel erscheinen, doch angesichts des Umstandes, dass das BIP per capita mit rund 6.000 US-Dollar nicht einmal die Hälfte des BIP per capita von Costa Rica erreicht, wird deutlich, dass die Aufwendungen für Bildung, absolut gesehen, recht gering sind.

Das honduranische Bildungssystem hat ein dreistufiges Schulsystem. Die Schulpflicht beginnt mit der zweijährigen Vorschule für Kinder von vier bis sechs Jahren. Daran schließt sich die fünfjährige Primarstufe für Sechs- bis Elfjährige an. Die sechsjährige Sekundarstufe schließlich absolvieren die 13- bis 18-Jährigen. Der Lehrplan besteht hier aus einem dreijährigen allgemeinbildenden Zyklus und einem dreijährigen Vertiefungszyklus. Im letzten Jahr der Sekundarstufe ist ein obligatorisches Praktikum vorgesehen. Schon während des allgemeinbildenden Zyklus wird zwischen der Modalidad académica und der Modalidad prevocacional unterschieden. Erstere bereitet auf ein Universitätsstudium vor, während die zweite Modalität für eine spätere Berufsausbildung qualifizieren soll. Diese Teilung wird im Vertiefungszyklus fortgesetzt.Zur Aufnahme des Studiums ist nach Beendigung der Sekundarstufe an der Wunschuniversität eine Zugangsprüfung abzulegen.

In Honduras gibt es insgesamt 21 Universitäten, davon 4 öffentliche und 17 private. Die Hochschulpolitik in Honduras wird wesentlich von der Universidad Autónoma de Honduras (UNAH) geprägt. Laut Verfassung des Landes verfügt sie über das Exklusivrecht, die Berufs- und Hochschulbildung zu bestimmen und zu entwickeln. Eine weitere Institution mit bildungspolitischer Leitungs- und Entscheidungsfunktion im Hochschulbereich ist der Hochschulrat. Neben dem Rektor und weiteren sechs Vertretern der UNAH sind in diesem Rat weitere sechs honduranische Universitäten, davon drei private, durch ihre Rektoren vertreten. Der Leiter der Abteilung für Hochschulbildung im Bildungsministerium ist ebenfalls Mitglied des Hochschulrates.
Abgesehen von ihrer hochschulpolitischen Bedeutung ist die UNAH die älteste und mit über 95.000 Studierenden auch größte Universität in Honduras. Die weiteren öffentlichen Hochschulen, die ebenso wie die UNAH auch dem Rektorenrat der zentralamerikanischen öffentlichen Hochschulen (CSUCA) angehören, sind:

  • Universidad Pedagógica Nacional Francisco Morazán, UPNFM
  • Universidad Nacional de Agricultura, UNAG
  • Universidad Nacional de Ciencias Forestales, UNACIFOR

Unter den 17 privaten Universitäten sind vor allem die Escuela Agrícola Panamericana (Universidad Zamorano), die Universidad Tecnológica Centroamericana (UNITEC) und die Universidad Tecnológica de Honduras (UTH) zu nennen. Besonders die Universidad Zamorano ist bekannt für eine hochqualifizierende Ausbildung im Bereich Land- und Forstwirtschaft.

Das Hochschulstudium ist in Honduras generell zwei- bzw. theoretisch dreistufig organisiert. Der Abschluss eines fünfjährigen Licenciatura-Studiums, mit dem ein erster akademischer Grad erreicht wird, berechtigt zur Aufnahme eines postgradualen Maestría-Studiums. Der üblicherweise nach zwei Jahren erworbene Abschluss einer Maestría wiederum ist Voraussetzung für die Aufnahme eines Promotionsstudiums. In Honduras gibt es jedoch bislang kaum Promotionsmöglichkeiten.

Viele der angebotenen Masterstudien sind berufsbegleitend; das heißt, sie können am Abend und am Wochenende absolviert werden.
In den angewandten Wissenschaften werden neben den klassischen Studiengängen vielfach Spezialisierungsprogramme (Especialidades profesionales) angeboten, die sich im Wesentlichen auf berufspraktische Aspekte konzentrieren und keinen vorgegebenen Zeitrahmen haben. Die Bewerberinnen und Bewerber für solche Programme müssen in der Regel bereits über den Licenciatura-Abschluss verfügen.

Des Weiteren gibt es verschiedene Angebote im postgradualen Bereich, die zu einem Zertifikat oder einem Diplom führen. Diese sind von unterschiedlicher Dauer und Intensität und werden unter der Bezeichnung Postgrado zusammengefasst.
Nur wenige Hochschullehrer an honduranischen Universitäten verfügen über einen Doktortitel. Von diesen wenigen promovierten Professoren arbeiten drei Viertel an der UNAH. Dort machen sie aber nur drei Prozent des gesamten Lehrkörpers aus. Mehr als die Hälfte der Dozenten an der UNAH haben lediglich eine Licenciatura (57 Prozent), 37 Prozent verfügen über einen Master- bzw. einen Maestría-Titel und drei Prozent der Dozenten haben den Abschluss Especialista.

Das Bewusstsein für die Bedeutung der Qualitätssicherung ist an den honduranischen Hochschulen noch nicht sehr weit verbreitet. Einer der wenigen akkreditierten Studiengänge in Honduras ist der Master in Demographie und Entwicklung (Maestría en Demografía y Desarrollo) der UNAH. Er wurde von der zentralamerikanischen Akkreditierungsagentur ACAP für 2013-2016 akkreditiert und befindet sich zurzeit in der Reakkreditierungsphase. Dieser Studiengang wird im Rahmen des regionalen Drittlandprogramms Zentralamerika vom DAAD gefördert.
Forschung findet in Honduras nur in sehr geringem Maße und ausschließlich auf nationaler Ebene statt. Die honduranischen Hochschulen sind fast ausnahmslos Lehreinrichtungen. Es gibt nur wenige kleinere Forschungsinstitute.

 

Verfasser: Michael Eschweiler, Leiter des Informationszentrums für Zentralamerika / San José