Südafrika: Bildung und Wissenschaft

Studierende am Rednerpult ihrer Dozentin.

Neben den staatlichen Hochschulen agieren auf dem südafrikanischen Bildungsmarkt eine Vielzahl privater Institutionen, die zumeist auf ein bestimmtes Fachspektrum spezialisiert sind (Creative Arts and Design, Theology, Business etc.). 2020 sind nach nationalen Quellen 102 private Bildungsanbieter im Hochschulbereich akkreditiert. In Südafrika müssen sich alle Institutionen und Studiengänge akkreditieren. Dafür ist die South African Qualifications Authority (SAQA - www.saqa.org.za) zuständig, die die Implementierung des National Qualifications Framework (NQF) vollzieht. Darüber hinaus gibt es registrierte postsekundäre Einrichtungen, die kürzere Abschlüsse anbieten, die anschließend für ein Bachelor-Studium angerechnet werden können.

Von den gut 500.000 Schülerinnen und Schülern, die 2019 das NSC (National Senior Certificate) geschrieben haben, erhielten 186.000 den Bachelor Pass, den Hochschulzugang (37 % der Schulabgänger nach der 12. Klasse). In den wirtschaftlich starken Bundesländer Gauteng und Western Cape erreichen 44% der Schulabgänger den Bachelor Pass. Viele Studierende bewerben sich anschließend bevorzugt an den Universitäten ihres Bundesstaates.

An den staatlichen Universitäten sind 1,2 Million Studierende eingeschrieben, sei es in Vollzeit oder Teilzeit, d. h. 85% aller im Land Studierenden sind an den 25 staatlichen Hochschulen immatrikuliert. Das strategische Ziel, die Studierendenzahlen bis 2030 auf 1,6 Millionen zu steigern, ist angesichts knapper Mittel eine Herausforderung, die unter anderem durch die Förderung und den Ausbau des berufsbegleitenden Studiums und des Fernstudiums (UNISA) erreicht werden soll. Neben der quantitativen Öffnung der Universitäten, wird die qualitative Reform der Curricula vorangetrieben, um die Abschlusszahlen zu erhöhen.

Neben Bachelor, Master und Promotion bieten südafrikanische Universitäten kürzere Abschlüsse an. Diese „Certificates“ und „Diploma“ müssen den Anforderungen des National Qualifications Framework (NQF) entsprechen und akkreditiert sein. 2018 haben 62.019 Studierende solche Zertifikate erworben (27,3% der Abschlüsse). Eine präzise Entsprechung im deutschen Studiensystem haben diese Abschlüsse nicht. 

81% der Studierenden befinden sich in Undergraduate-Programmen (54% in BA-programmen, 27% in kürzeren Programmen wie Diploma und Certificates). 11% streben einen „BA Honours“ an. Nur wenige Studierende/Familien leisten sich ein Masterstudium (6%) oder eine Promotion (2%). 2018 haben laut Bericht des südafrikanischen Bildungsministeriums (DHET) 227.188 Studierende erfolgreich ein Studium an staatlichen Hochschulen abgeschlossen – davon 100.740 (=44,3%) mit einem BA, 43.190 Studierende (=27%) haben einen BA Honours, 13.887 Studierende (=6%) einen Master, 3.344 (=1,5%) eine Promotion erlangt.

Ein großer Teil der Studierenden (28,7%) schließt ein Studium in den SET-Fächern (Science, Engineering, Technology) ab, gefolgt von den Wirtschaftswissenschaften (26,6%). Das staatlich geförderte Lehramtsstudium (BA Education) hat 2018 22,3% der Studierenden graduiert. 

Das Studienjahr entspricht in Südafrika dem Kalenderjahr. Nach der Sommerpause (Dezember und Januar) beginnt im Februar der erste von vier Terms. Nach dem zweiten Term unterbrechen im Mai Prüfungswochen sowie eine mehrwöchige Winterpause den Lehrbetrieb, der im Juli erneut einsetzt. Im November endet das Studienjahr mit mehrwöchigen Prüfungen.

Das Studium an allen Bildungseinrichtungen Südafrikas ist gebührenpflichtig. Die Höhe der jeweiligen Kosten ist an die Art des Moduls (Dauer, Qualifikationsstufe, Fach) gebunden, das belegt wird und auch das Renommee der Hochschule spielt eine Rolle. Die jährliche Erhöhung der Gebühren durch die Universitäten hatte 2015 und 2016 gegen Ende des akademischen Jahres zu erheblichen Studierendenprotesten (#FeesMustFall, #FMF) geführt. 2015 deckelte das zuständige Ministerium (DHET) die Gebührenerhöhung bei 8% (die Inflationsrate liegt bei etwa 7%) und die Bemessungsgrenze für die staatliche Studienfinanzierung (National Student Financial Aid Scheme, NSFAS) wurde angehoben. Studierende aus Haushalten mit einem Jahreseinkommen unter 600.000 Rand (32.000 Euro) wurden für die Folgejahre von weiteren Gebührenerhöhungen ausgenommen. Seit Januar 2018 wird für Studierende aus Haushalten mit einem Jahreseinkommen unter 350.000 Rand (18.000 Euro) ein gebührenfreies Studium implementiert, das heißt, der Staat übernimmt die Kosten für das Studium dieser Studierenden vollständig. 2018 wurden 346.966 südafrikanische Studierende an öffentlichen Hochschulen gefördert (NSFAS).

Auch über 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid ist das oberste Ziel hochschulpolitischer Steuerung, den vormals benachteiligten Bevölkerungsgruppen Zugang zu tertiärer Bildung zu ermöglichen. Das heißt einerseits, die vorhandenen Hochschulstrukturen neu zu fassen und erheblich zu erweitern, andererseits die Studierendenschaft an den Institutionen durch eine entsprechende Zulassungssteuerung zu verändern. Inzwischen stellen schwarze Studierende mit 76% den größten Teil der südafrikanischen Studierenden, weiße Studierende sind mit 13% die zweitgrößte Gruppe. Auch auf Seiten der Lehrenden soll sich die Transformation der Gesellschaft abbilden: Trotz massiver Förderung junger schwarzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren 2018 noch 43% der fest angestellten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiß. Da weite Teile der Bevölkerung über Generationen von höherer Bildung ausgeschlossen waren, setzt der Staat Anreize im Bereich der Erstakademiker und des wissenschaftlichen Nachwuchses (postgraduate).

Die entscheidende Herausforderung der nächsten Jahre ist, den Studienerfolg speziell der schwarzen Studierenden weiter zu erhöhen. 2018 lag die durchschnittliche Erfolgsquote (Success rate) in Undergraduate-Programmen (inklusive Honours, Diploma etc.) bei 82%. Weiße Studierende lagen mit 89,4 % über dem Durchschnitt, schwarze Studierenden mit 80,5% darunter.

Zwischen den staatlichen Hochschulen bestehen große Unterschiede, die sich auf allen Ebenen zeigen. 2018 haben die folgenden Universitäten rein quantitativ die meisten Master- und Promotionsabschlüsse vorzuweisen: University of Pretoria (UP = 2.417), University of the Witwatersrand (Wits = 2.069), Stellenbosch (SUN = 1.803), University of Kwazulu-Natal (UKZN = 1.771), Cape Town (UCT = 1.576). Mit durchschnittlich 45.000 Studierenden gehören UP, UKZN und Wits zu den größten Hochschulen des Landes. SUN und UCT liegen mit ca. 30.000 Studierenden darunter. Alle südafrikanischen Universitäten bilden hauptsächlich Undergraduates aus, aber bei den genannten Universitäten ist der Anteil an Postgraduates vergleichsweise hoch: UCT 27%, Wits 24%, SUN 21%, UKZN 19%, UP 17%.

Für die Forschungsförderung an Hochschulen und außeruniversitären Institutionen ist die National Research Foundation (NRF) zuständig. Sie untersteht dem Department of Science and Technology (DST). Ihre zentrale Aufgabe ist die administrative Umsetzung staatlicher Förderprogramme.

Zur strategischen Entwicklung der Forschungslandschaft in Südafrika wurden 2014 fünf Forschungsfelder identifiziert, in die über Programmmittel der NRF Gelder fließen: Global Change, Human and Social Dynamics, Energy Security und Bio-Economy. Programmlinien wie RISA (Research and Innovation Support and Advancement) unter denen Förderlinien wie die Research Chairs Initiative (SARChI) und die Centres of Excellence (CoE) angesiedelt sind, konzentrieren das Investment erfolgreich. Deutsche Förderung schließt teilweise an diese Initiativen an. So ist zum Beispiel das Fachzentrum „South African German Centre for Development Research“ räumlich und personell eng mit dem DST-NRF „Centre of Excellence in Food Security“ verknüpft.

Dem DST sind weitere wichtige Akteure der nationalen Forschungslandschaft unterstellt. Das 1945 gegründete Council for Scientific and Industrial Research (CSIR) setzt staatliche Programme der angewandten Forschung um. Gleichermaßen herausragende Forschungsstrukturen bietet die in den 50er Jahren gegründete South African National Space Agency (SANSA) und das 2008 gegründete Human Science Research Council (HSRC), das die gesellschaftliche Transformation Südafrikas wissenschaftlich begleitet.

Verfasserin: Dr. Anja Hallacker, Leiterin des Informationszentrums in Johannesburg, DAAD-Zentrale Bonn