"Science Diplomacy in Kriegszeiten: Was tun für die Ukraine, wie weiter mit Belarus und Russland?"

Flagge der Ukraine und Schatten der Menschen

Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die Allianz der Wissenschaftsorganisationen haben für die deutsche Wissenschaft sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass unsere volle Solidarität der Ukraine gilt und dass der russische Angriff durch nichts zu rechtfertigen ist. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine stellt unser bisheriges Verständnis von Science Diplomacy in Frage und markiert, wie Bundeskanzler Olaf Scholz deutlich machte, eine Zeitenwende.

Vor diesem Hintergrund hat das DAAD-Kompetenzzentrum Internationale Wissenschaftskooperationen (KIWIi) am 31. März 2022 den Policy Talk „Science Diplomacy in Kriegszeiten: Was tun für die Ukraine, wie weiter mit Belarus und Russland?“ veranstaltet.

Eröffnet von DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee und moderiert von der ausgewiesenen Osteuropakennerin und WDR-Journalistin Birgit Virnich diskutierten namhafte Osteuropaexpertinnen und -experten die Perspektiven der akademischen Kooperation mit der Ukraine, Belarus und Russland sowie die künftige Rolle von Wissenschaftsdiplomatie und die Positionierung der deutschen Hochschulen.

Dabei richteten sie insbesondere den Blick auf folgende Fragen

Wie ist die aktuelle Lage in der Ukraine und unter ukrainischen Studierenden, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern?
Welche Maßnahmen für ukrainische Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind jetzt nötig?
Wie wird die Lage in Russland eingeschätzt?
Welche mittel- und langfristigen Positionen können deutsche Hochschulen im Umgang mit Russland und Belarus einnehmen?
Was bedeutet Science Diplomacy in Kriegszeiten, und was wird uns das auf absehbare Zeit abverlangen?

Begrüßung

Prof. Dr. Joybrato Mukherjee ist seit 2009 Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und seit 2020 Präsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Bereits von 2012 bis 2019 hatte der Professor für Englische Sprachwissenschaft das Amt des DAAD-Vizepräsidenten inne. Für seine Verdienste um die internationale Kooperation zwischen Hochschulen wurden ihm die Ehrendoktorwürde der Ion Ionescu de la Brad University of Agricultural Sciences and Veterinary Medicine (USAMV) Iasi, Rumänien, und die Ehrendoktorwürde der Ivane-Javakhishvili-Universität Tiflis (TSU) in Georgien verliehen.

Moderation

Birgit Virnich studierte Journalismus, Film und Internationale Politik in Kanada, USA und Großbritannien. Ihr Abschluss: ein MSc an der „London School of Economics and Political Science“ in Internationaler Politik. 2000 erhielt sie für den Dokumentarfilm „Ein Mann sieht braun“ den „CIVIS Preis“. Von 2002-2008 war sie als ARD-Fernseh-Korrespondentin, mit Sitz in Nairobi, Kenia, in 39 Ländern in Ost-, Zentral- und Westafrika tätig. Ihr Film „Kongofieber – Mythos eines Stroms“ wurde 2005 für den Grimme Preis nominiert. Ihre Reportage „Massenvergewaltigungen im Ostkongo“ wurde mit dem Lorenzo Natali Preis der EU für mutigen Journalismus ausgezeichnet. Ihre gemeinsam mit Bartholomäus Grill verfasste Reportage „Der Krieg der Kinder“ für das Zeit Dossier wurde 2004 für den Egon-Erwin-Kisch-Preis nominiert, ihre Dokumentation „Wie Syrien stirbt“ 2013 für den deutschen Fernsehpreis. Von 2014-2019 berichtete sie aus Russland und den ehemaligen GUS Staaten für die ARD. Im März 2018 erschien im Europaverlag ihr Buch „Der Schrei des Schweigens“, in dem sie das Schicksal des russischen Menschenrechtsaktivisten Ildar Dadin dokumentiert, der 2014 gegen den Krieg in der Ukraine demonstrierte und dafür zu drei Jahren Lagerhaft verurteilt wurde.

Podiumsteilnehmende

Kornelia Freitag wurde 1958 in Potsdam geboren. Sie studierte Slawistik/Anglistik an der Universität Potsdam. Nach der Promotion und Forschungsaufenthalten an der Stanford University habilitierte sie sich an der Universität Potsdam im Fach Amerikanistik. 2002 wurde sie auf die C4-Professur „Amerikastudien/American Studies“ an die Ruhr-Universität Bochum berufen.
Von 2007 bis 2009 war sie Dekanin der Fakultät für Philologie, 2010 bis 2013 war sie die Sprecherin für die Geisteswissenschaften in der RUB-Research School. 2012 bis 2015 gehörte sie dem Senat der RUB an.
Seit dem 1. Oktober 2015 ist sie Prorektorin für Lehre und Internationales der Ruhr-Universität Bochum. In dieser Funktion war sie von 2018 bis 2020 die Sprecherin der AG Prorektorinnen und Prorektoren Lehre NRW und ist seit 2018 Mitglied des Steering Committee der Learning & Teaching Initiative der European University Association.

Andrea Gawrich ist Vize-Direktorin des dortigen Osteuropa-Forschungszentrums „Gießener Zentrum Östliches Europa“ und Vorsitzende der deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft (DGfP). Sie leitet aktuell ein DFG-Projekt zu Sicherheits- und Wirtschaftsorganisationen im östlichen Europa (mit der FU Berlin), in dem es auch um den Einfluss Russlands auf die osteuropäische Sicherheitsarchitektur geht.

Sie hat verschiedene Projekte zur Sicherheit und internationalen Integration der Ukraine geleitet. Insbesondere im hessischen Exzellenzcluster „Konfliktregionen im Östlichen Europa“ im dortigen Projekt zu internationalem Konfliktmanagement der EU, NATO, des Europarats und der OSZE gegenüber der Ukraine, Georgien und Moldau (2016-2021) sowie auch im DFG-Projekt zur EU-Politik dieser drei Staaten (2018-2021).

Andreas Hoeschen studierte Germanistik, Russistik und Philosophie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Nach seiner Promotion in Germanistik arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem von der DFG geförderten Projekt zur Ideengeschichte. Seit 2005 ist er für den DAAD tätig und hat seitdem verschiedene Positionen inne: Er leitete unter anderem das Referat für Strategie und Grundsatzfragen und die DAAD-Außenstelle für Großbritannien und Irland in London. Bevor er 2018 seine Tätigkeit in Moskau aufnahm, war er Bereichsleiter für Grundsatzfragen und finanzielle Förderung in der DAAD-Stipendienabteilung.

Prof. Dr. Gwendolyn Sasse ist die Wissenschaftliche Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) und Einstein-Professorin für Vergleichende Demokratie- und Autoritarismusforschung am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin (seit 2021). Zuvor war sie Professor of Comparative Politics an der Universität Oxford. Sie ist weiterhin Senior Research Fellow am Nuffield College in Oxford und Non-Resident Senior Fellow beim Think Tank Carnegie Europe. Zu ihren Forschungsinteressen gehören postsozialistische Transformationsprozesse sowie die Dynamiken von Krieg, Migration und Protestbewegungen. Seit mehreren Jahren arbeitet sie an Projekten über den Krieg und Grenzregime in der Ukraine, die gesellschaftliche Mobilisierung in Belarus, Jugend in Russland und die sozialen und politischen Transfers von Migrantinnen und Migranten. Ihr Buch The Crimea Question: Identity, Transition, and Conflict (Harvard University Press 2007; paperback 2014) wurde mit dem Alexander Nove Prize der British Association for Slavonic and East European Studies ausgezeichnet.

Geb. 1962, Studium der Neueren und Osteuropäischen Geschichte und Slavistik in München, Moskau und Berlin. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin 1990-1995 und Stipendiat des DAAD bei der Russischen Akademie der Wissenschaften Moskau (1991), wissenschaftlicher Assistent am Institut für Geschichte der MLU Halle-Wittenberg (1996-2002), 1997/98 für ein Jahr Projektmitarbeiter am Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas in Leipzig. Dissertation über die Preußenrezeption in Russland vom 18. bis 20. Jahrhundert (FU 1994), Habilitation über den römisch-katholischen und russisch-orthodoxen Klerus als Träger religiösen Wandels in den böhmischen Ländern bzw. (Sowjet-)Russland (Halle 2001), Mitarbeit am Handbuch der Geschichte Russlands. Seit dem Sommersemester 2003 Professor für Geschichte Osteuropas an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2009-2011 Forschungsprofessur im Rahmen von LMU exzellent. 2012-2016 Vorsitzender des Verbands der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD). Seit 2012 Sprecher der Graduiertenschule für Ost- und Südosteuropastudien. 2021-2022 Fellow am St Antony´s College, University of Oxford.

Alexander Wöll ist Professor für Kultur und Literatur Mittel- und Osteuropas an der Universität Potsdam. Von 2014 bis 2018 war er Präsident der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Er studierte Germanistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Geschichte und Slavistik in München, Berlin und Moskau. Nach der Promotion 1997 war er Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der Karls-Universität in Prag und 2006 habilitierte er sich an der Universität Regensburg. Anschließend war er Dozent für Tschechisch, Slowakisch und Russisch an der Universität Oxford und wurde 2008 zum Professor für Ost- und Westslawische Philologie an die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald ernannt, wo er auch von 2009 bis 2013 als Dekan der Philosophischen Fakultät wirkte. Er ist zudem seit 2008 Vorsitzender der Deutschen Assoziation der Ukrainisten (DAU) und Autor zahlreicher Monographien und wissenschaftlicher Artikel.