Wirkungen besser messen

Eine Gruppe von 17 Personen posiert lächelnd auf einer sonnigen Dachterrasse mit Blick auf eine Stadtlandschaft im Hintergrund.

Die SDG-Graduiertenkollegs des DAAD kombinieren akademische Ausbildung mit der Stärkung von Hochschulstrukturen und nutzen dabei ein innovatives Monitoring-System. Eine aktuelle Evaluation des Programms und seiner Projekte macht deutlich, welches Potenzial in evidenzbasierter Hochschulförderung steckt – und wie effektiv internationale Wissenschaftskooperationen globale Nachhaltigkeitsziele voranbringen können.

Staub liegt in der Luft. In den Hochlagen der Anden dröhnen Maschinen, Bagger graben sich in den Boden und fördern Kupfer, Gold, Silber und Zink zutage. Der Bergbau boomt – doch nicht alle Menschen profitieren davon. Verschmutztes Wasser, Landverlust und soziale Spannungen belasten die lokalen Gemeinden. Das Forschungsprojekt trAndeS (Postgraduiertenprogramm zu nachhaltiger Entwicklung und sozialen Ungleichheiten in der Andenregion), das der DAAD im Rahmen seines Programms SDG-Graduiertenkollegs fördert, geht diesen Ungleichheiten auf den Grund. 

trAndeS ist eines von sieben SDG-Graduiertenkollegs, die der DAAD seit 2016 mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt. Ziel des Programms ist es, im Rahmen der internationalen Hochschulzusammenarbeit nachhaltige Bildungs- und Forschungsangebote im Globalen Süden zu etablieren und damit zur Umsetzung der „Sustainable Development Goals“ der Vereinten Nationen beizutragen. „Gemeinsam mit unserem Partner, der Pontificia Universidad Católica del Perú (PUCP) in Lima, fragen wir nach sozialen Disparitäten in der Andenregion und deren Einfluss auf die Realisierung der Sustainable Development Goals (SDG)“, verdeutlicht Dr. Bettina Schorr, Projektleiterin von trAndeS an der Freien Universität Berlin. „Dabei berücksichtigen wir nicht nur Ungleichheiten im Einkommen oder Vermögen, sondern auch zwischen sozialen Kategorien wie Ethnien, Geschlechtern und Altersgruppen.“

Eine Gruppe von Menschen steht auf einem Schotterweg in hügeligem Gelände und hört einem Mann zu, der mit Blick auf das Tal spricht.

Innovatives Monitoring

Um die Wirksamkeit der Graduiertenkollegs möglichst transparent abbilden zu können, hat der DAAD ein System zur Erfolgsmessung „in Echtzeit“ eingeführt: das wirkungsorientierte Monitoring (WoM). Für den DAAD bietet das Verfahren eine Grundlage zur Analyse seiner Initiativen, zudem macht es die Effekte der Förderung deutlich. „Damit schaffen wir Transparenz gegenüber Geldgebern und Öffentlichkeit“, sagt Lars Gerold, Leiter des DAAD-Referats Hochschulstrukturförderung in der Entwicklungszusammenarbeit. „Gleichzeitig erhalten wir die Möglichkeit, unsere Programme evidenzbasiert weiterzuentwickeln und fundierte strategische Entscheidungen zu treffen.“

Die Förderung durch die SDG-Graduiertenkollegs umfasst sowohl individuelle Unterstützung durch Stipendien für Studierende, Promovierende und Lehrende als auch den institutionellen Ausbau in Lateinamerika, Afrika und Asien. „Die beteiligten Hochschulen entwickeln neue Studiengänge und setzen gemeinsame Forschungsprojekte um“, sagt Dorothee Schwab, Referentin für die SDG-Graduiertenkollegs beim DAAD. „So entsteht ein dauerhaftes Netzwerk, das lokale Herausforderungen adressiert und innovative Lösungen entwickelt.“

200 Studienangebote, 1.200 internationale Publikationen

Eine entscheidende Rolle im Monitoring-Prozess spielen die geförderten Hochschulen selbst. Sie sind verpflichtet, ihre Projekte wirkungsorientiert zu planen und über eine speziell für den DAAD entwickelte Plattform regelmäßig zu berichten. Das WoM dient ihnen dabei ebenfalls als Werkzeug zur Qualitätssicherung und strategischen Steuerung: Bei der Antragstellung definieren die Projektpartner ihre angestrebten Ziele, wie etwa die nachhaltige Verankerung neuer Studiengänge. Um den Fortschritt messbar zu machen und den Erfolg der Projekte objektiv zu bewerten, werden dabei sogenannte Indikatoren festgelegt – konkrete Kennzahlen wie Abschlussquoten, die Anzahl der entwickelten Lehrmodule, die Teilnahmen an Fachkonferenzen sowie gemeinsame Publikationen. „Die Hochschulen dokumentieren ihre Ergebnisse laufend, wodurch aktuelle Daten für Zwischenberichte und Evaluierungen gesammelt werden“, sagt Gerold.

Von der kontinuierlichen Erhebung profitierte auch die Evaluation der SDG-Graduiertenkollegs Anfang 2024, die auf den Daten des WoM basiert. Über 200 Studienangebote, rund 1.200 internationale Publikationen sowie bedeutende Forschungsergebnisse: Die Evaluation macht den Erfolg des Programms und der einzelnen Projekte deutlich. „Die gesetzten Ziele wurden erreicht, und es besteht eine hohe Übereinstimmung zwischen Planung und tatsächlichen Resultaten“, sagt Mareike Fehling, Teamleiterin für Monitoring im Referat für Statistik, Monitoring und Evaluation beim DAAD. 

Die Themen und Projekte sind dabei so vielfältig wie die globalen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen: Das deutsch-äthiopische Graduiertenkolleg CLIFOOD – Climate Change Effects on Food Security untersucht die Auswirkungen des Klimawandels auf die Ernährungssicherheit in Ostafrika; die Yaoundé–Bielefeld Bilateral Graduate School konzentriert sich auf die Entwicklung natürlicher Heilmittel gegen parasitäre und bakterielle Erkrankungen. Die Rostock Hanoi DAAD SDG Graduate School nimmt Katalysatortechnologien für eine nachhaltige Ressourcennutzung in den Blick, und Performing Sustainability – Cultures and Development in West Africa beschäftigt sich mit der Frage, wie Kunst und Kultur als Mittel zur Konfliktbewältigung und zum sozialen Zusammenhalt in von Gewalt betroffenen Regionen eingesetzt werden können.

Drei überlagerte Infografik-Seiten des DAAD zeigen Daten zu Stipendienprogrammen, Hochschulkooperationen und globalem Klima- und Umweltschutz, mit Weltkarte, Diagrammen und farblich codierten Kategorien.

Hohe Effektivität der Förderung

Als besonders effektiv zeigt sich der Ansatz, individuelle Förderung mit dem nachhaltigen institutionellen Aufbau zu verknüpfen. Die Studienangebote zeichnen sich durch akademische Qualität, Praxisrelevanz und regionale Anpassung aus und sind interdisziplinär auf aktuelle Herausforderungen zugeschnitten; in einigen Regionen sind neue regionale Netzwerke entstanden. „Kooperationen mit kleineren Universitäten in den Andenländern ermöglichen es, lokale Expertise zu stärken und Studierenden wie Forschenden den Austausch über Ländergrenzen hinweg zu eröffnen“, erklärt Schorr. Diese Vernetzung habe bereits zur Gründung neuer Forschungsgruppen und gemeinsamer Projekte geführt, ein wichtiger Schritt hin zu nachhaltigen Strukturen in der wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Zudem bescheinigt die Evaluation eine hohe Effektivität der Förderung: Die Instrumente, Länge der Förderphasen und bereitgestellten Mittel sind angemessen. Vor diesem Hintergrund wird empfohlen, die SDG-Graduiertenkollegs fortzuführen – und weiter auszubauen.

Auch der Erfolg von trAndeS lässt sich dank des WoM konkret benennen. Bisher haben rund 20 Nachwuchswissenschaftler und Nachwuchswissenschaftlerinnen aus Peru und anderen Ländern der Andenregion das Doktorandenprogramm an der PUCP absolviert. Es soll gezielt akademische Kompetenzen fördern und die Absolventinnen und Absolventen in eine der fünf sozialwissenschaftlichen Forschungsgruppen aus Soziologen, Anthropologen, Politologen und Ökonomen einbinden. Die inhaltlichen Schwerpunkte sind vielfältig und reichen von empirischen Studien zu Wasserverteilungskonflikten im Bergbau über Genderaspekte im extraktiven Sektor bis hin zu partizipativen Ansätzen im Umweltschutz und der Effizienz von Umweltgesetzen. 

Nützliches Planungsinstrument

Ein weiteres Ergebnis des Monitorings: Viele der Doktorandinnen und Doktoranden von trAndeS arbeiten inzwischen selbst in der Wissenschaft weiter und treiben die im Projekt angestoßenen Forschungslinien voran. Zudem sind zahlreiche Publikationen entstanden, die auf die komplexe Beziehung zwischen Ressourcenökonomien und sozialer Ungleichheit in der Andenregion eingehen. Darüber hinaus hat die PUCP in Lima ein eigenes Forschungszentrum mit Doktoranden- und Postdoc-Stipendien aufgebaut – ein Novum im peruanischen Hochschulsystem. „In Peru gibt es normalerweise keine öffentlichen Stipendien für Doktoranden der Sozialwissenschaften“, erläutert Schorr. „Das ist für das Land einmalig und für die zentralandinen Länder auch insgesamt sehr selten.“

Auch an der FU Berlin hat das Projekt bleibende Strukturen geschaffen: Die Andenregion, zuvor kaum im Fokus, ist inzwischen fester Bestandteil der Forschung und Lehre. Das WoM hat den Projektpartnern dabei in den vergangenen Jahren als nützliches Planungsinstrument gedient. „Mithilfe des Tools fasse ich unsere Ziele und Indikatoren in einer Jahresplanung zusammen, das ist dann unsere Arbeitsgrundlage“, sagt Bettina Schorr. „Es zwingt zu Systematik, fördert Effizienz – und erlaubt Anpassungen, falls Planung und Realität einmal nicht deckungsgleich sind.“  

Christina Pfänder (12. Juni 2025)

 


 

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