TheMuseumsLab (2/2): Kulturellen Reichtum gemeinsam sichtbar machen

Ehemalige Teilnehmende des DAAD-Programms TheMuseumsLab stellten die Ausstellung „The Dolls of Good Hope“ auf die Beine.

An der zeitgemäßen Gestaltung afrikanischer und europäischer Museen arbeitet TheMuseumsLab. Das Programm, das der DAAD, das Museum für Naturkunde Berlin – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung (MfN) und weitere Partnerinstitutionen 2021 ins Leben gerufen haben und seitdem finanziell unterstützen, bringt jedes Jahr 50 Museumsfachleute aus Afrika und Europa zusammen. Damit bietet es eine breite Plattform für den Austausch von Wissen und Perspektiven. Mittlerweile hat sich ein aktives Alumni-Netzwerk etabliert, wie engagierte Projekte ehemaliger Fellows der Initiative zeigen.

Sprache, Kultur und Religion: Die Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents führte nicht nur zu gewaltigen Umbrüchen der bestehenden politischen und wirtschaftlichen Systeme Afrikas – auch in der afrikanischen Kulturlandschaft hinterließen die europäischen Kolonialmächte ihre Spuren. So hat sich beispielsweise Lydia Nafula, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am National Museums of Kenya, der Bewahrung und Sichtbarmachung des afrikanischen Kulturerbes verschrieben. Als ehemalige Fellow des Programms TheMuseumsLab, welches aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) und dem Auswärtigen Amt (AA) gefördert wird, lernte sie im Jahr 2022 Gleichgesinnte kennen und trat mit ihnen in Austausch. „In den Seminaren haben wir eine Vielzahl von Themen diskutiert, unter anderem Möglichkeiten der Restitution, aber auch Fragen der Digitalisierung, Diversität und Inklusion sowie der Dekolonisierung von Museen“, sagt sie. 

Poster der Ausstellung „Dolls of Good Hope“

Während ihrer Praxisaufenthalte in Dresden und Kapstadt vertiefte Nafula die Kontakte mit anderen Fellows und entwickelte gemeinsam mit ihnen die Idee zur Wanderausstellung „Dolls of Good Hope“. Diese Ausstellung wurde am 18. September 2023 im National Museums of Kenya (NMK) eröffnet – mit Unterstützung der Fellows des Programmjahres 2023 sowie Vertreterinnen des Museums für Naturkunde (MfN), der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), des National Museums of Kenya, und in Anwesenheit von DAAD-Generalsekretär Dr. Kai Sicks. „Im Zentrum der Wanderausstellung steht die reiche Puppentradition in Afrika und Europa“, verdeutlicht Nafula. „Für viele Menschen ist die Puppe nur ein Spielzeug, in Afrika hat sie aber auch bei verschiedenen kulturellen Zeremonien eine wichtige Bedeutung, beispielsweise bei Erntedankfesten oder Fruchtbarkeitsritualen.“ 

Vernetzung fördern, Ressourcen und Möglichkeiten teilen

An der Gestaltung des Projekts beteiligten sich insgesamt 13 Alumnae und Alumni des Programms TheMuseumsLab: Das Projekt ist auch ein Brückenschlag zur nächsten Programmgeneration, die sich als Besucherinnen und Besucher der Ausstellung zu eigenen Kooperationsmöglichkeiten inspirieren ließen. Bis Ende Juni 2024 ist „Dolls of Good Hope“ in der Nairobi Gallery zu sehen und begeistert auch dort das Publikum. 

Mit seinem Engagement ist das Projektteam der „Dolls of Good Hope“ dabei ein wichtiges Vorbild – und gleichzeitig keine Ausnahme. „Zahlreiche Alumnae und Alumni bringen sich nach Abschluss von TheMuseumsLab im Alumninetzwerk ein und unterstützen uns seit diesem Jahr auch bei der inhaltlichen Konzeption des Programms“, sagt Khansaa Al-Radhi, eine der programmverantwortlichen Referentinnen im Hauptstadtbüro des DAAD in Berlin. Zudem realisieren die Alumnae und Alumni gemeinsam weitere Projekte: Ein Projekt hinterfragt beispielsweise Sammlungen kenianischer Objekte in westlichen Museen und verfolgt den Diskurs über Restitution und Repatriierung durch das International Inventories Programme; ein anderes Vorhaben mit dem Titel „Elefant aus den Schützengräben“ untersucht die Herkunft eines afrikanischen Elefantenschädels. Das Projekt „Connecting restitution histories and African world festivals“ erforscht an der Guest. Artists. Space. (G.A.S.) Foundation in Lagos die Geschichte afrikanischer Festivals und Künstlerclubs in Nigeria. „Das Alumninetzwerk dient dabei als Plattform, um die während des Programms entstandenen Ideen weiterzuentwickeln, neue Diskussionen zu führen, die Vernetzung zu fördern und Ressourcen und Möglichkeiten zu teilen“, erläutert Al-Radhi.

Lydia Nafula ist eine ehemalige Teilnehmerin des Programms TheMuseumsLab und hatte die Idee zur Wanderausstellung „Dolls of Good Hope“.

Herausforderungen der Restitution

Das Kollektiv „Disrupting and Reorienting Restitution“, das aus ehemaligen Fellows von TheMuseumsLab des Jahrgangs 2022 hervorgegangen ist, hat sich zum Ziel gesetzt, die Diskussion um Restitution und Rückführung zu brechen und neu auszurichten, indem es mit einem multidisziplinären Ansatz Stimmen aus Afrika und der Diaspora verstärkt. „Als Gruppe von afrikanischen und europäischen Spezialistinnen für Museumspädagogik, Ausstellungen, Provenienzforschung, Politik und Kulturerbe-Management haben wir im Zuge von TheMuseumsLab die Herausforderungen der Restitution identifiziert und über Lösungsansätze diskutiert“, sagt Gründungsmitglied Sofia Lovegrove Pereira, die aktuell als Projektleiterin für die Cultural Heritage Agency des niederländischen Ministeriums für Bildung, Kultur und Wissenschaft in Amsterdam tätig ist. Im Herbst 2023 habe das Alumni-Team dann sein erstes eigenständiges Vorhaben umgesetzt. „Es zielte darauf ab, verborgene oder unbekannte Narrative aufzudecken, indem es Formen indigenen Wissens und Praktiken erforscht, die unter der Kolonialherrschaft verboten waren“, erzählt sie. Dabei sei es ihnen gelungen, ein breites Publikum anzusprechen: mit virtuellen Räumen, in denen Menschen zum Debattieren von Ideen, Werkzeugen und Ansätzen zusammenkommen.

Ein großer Vorteil sei dabei der kollegiale Austausch mit den anderen Alumnae und Alumni: „Durch die vielen Gespräche, die wir seit zwei Jahren miteinander führen, habe ich sehr viel gelernt“, sagt Lovegrove Pereira, deren eigene Forschung an der Schnittstelle von kritischem Erbe und Erinnerungsstudien liegt. „Wir beschäftigen uns mit ähnlichen Themen, haben aber unterschiedliche Perspektiven, Herangehensweisen und Hintergründe.“ Der Umgang mit der kolonialen Vergangenheit sei eine komplexe und langfristige Aufgabe, die einen kontinuierlichen Austausch von afrikanischen und europäischen Gemeinschaften, Fachleuten, Forscherinnen und Forschern erfordere. „Zum Aufbau gerechterer Beziehungen zwischen europäischen Ländern und ihren Partnern im Globalen Süden ist das Programm TheMuseumsLab dabei äußerst wertvoll, da es eine internationale Gemeinschaft schafft.“

Sofia Lovegrove Pereira forscht zur Schnittstelle von kritischem Erbe und Erinnerungsstudien.

Zudem trage die Initiative auch auf individueller Ebene zu Perspektivwechseln bei: Als Europäerin mit portugiesischer und britischer Staatsbürgerschaft seien ihr beispielsweise ihre Privilegien bewusst geworden – und was es bedeutet, in einem Museum mit begrenztem Zugang zu Ressourcen zu arbeiten. Auch auf ihre Karriere habe sich die Teilnahme an TheMuseumsLab positiv ausgewirkt: 2023 wurde sie eingeladen, die Online-Gespräche „Lives of Objects: Virtual Gatherings“ zu kuratieren. „Die Art und Weise, wie ich diese Reihe konzipiert habe, und die Entscheidungen, die ich getroffen habe, wurden zu einem großen Teil von meinen Erfahrungen beeinflusst, die ich während des Programms TheMuseumsLab sammeln konnte“, sagt Lovegrove Pereira. Auch die Entwicklung des internationalen Austauschprogramms für junge Museums- und Kulturerbe-Fachleute, das sie derzeit für die Cultural Heritage Agency der Niederlande betreut, baue darauf auf. „TheMuseumsLab war in jeder Hinsicht ein inspirierendes Erlebnis!“ 

Christina Pfänder (19. Juli 2024) 


 

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