Internationale Studierende – Fachkräfte von morgen
Rund 240.000 Fachkräfte fehlen laut Bundesregierung in Deutschland bis zum Jahr 2026. Die herausfordernde Situation rückt auch den akademischen Austausch in den Fokus.
Die Fachkräfte-Lücke, die sich in Deutschland aufgetan hat, betrifft sowohl Fachkräfte mit Ausbildungsberuf als auch solche aus dem akademischen Bereich. Die Gruppe internationaler Studierender rückt immer mehr in den Fokus der Diskussion: 25.000 Absolventinnen und Absolventen steigen bereits jährlich in den deutschen Arbeitsmarkt ein. „Wir können von einem hohen Potenzial sprechen, das zumindest teilweise zum Schließen der genannten Fachkräfte-Lücke beitragen kann“, sagt DAAD-Generalsekretär Dr. Kai Sicks. 2023 positionierte sich der DAAD mit der Veröffentlichung „Internationale Studierende als Fachkräfte von morgen“ und reagierte damit auf die 2022 von der Bundesregierung veröffentlichte Fachkräftestrategie.
Vom ersten Visum bis zum Arbeitsmarkt
Internationale Studierende, deren Zahl in Deutschland zuletzt deutlich zugenommen hat, entwickeln sich zu begehrten Spezialistinnen und Spezialisten, vor allem im Bereich Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Technik (MINT) – Fachgebiete, in denen qualifizierte Arbeitskräfte stark nachgefragt sind. „Über die Hälfte der internationalen Studierenden an deutschen Hochschulen sind derzeit im MINT-Bereich eingeschrieben“, sagt Jessica Schüller, im DAAD Referentin für die Campus-Initiative internationale Fachkräfte, die deutsche Hochschulen beim Ausbau von Begleitstrukturen und Career Services für internationale Studierende und Graduierte in Deutschland unterstützt.
Auch in anderen Fächergruppen sind die Berufsaussichten in Deutschland gut: „Da Deutschland generell einen erheblichen Fachkräftebedarf auf akademischem Niveau verzeichnet, sind die Chancen hoch für einen direkten Weg von der Hochschule in den deutschen Arbeitsmarkt.“ Um das zu erreichen, muss der Weg von internationalen Studierenden in Deutschland an drei Stellen erleichtert beziehungsweise intensiver begleitet werden, wie das DAAD-Positionspapier zeigt. „Zum einen müssen Hochschulzugang und Visavergabe erleichtert werden, zweitens geht es darum, den Studienerfolg zu verbessern und drittens muss der Einstieg ins Berufsleben gezielter vorbereitet und einfacher gestaltet werden“, so Schüller. „An diesen drei Stellschrauben ist der DAAD nun zusammen mit Hochschulen, Politik und Wirtschaft besonders aktiv.“
Langfristige Unterstützung für Studierende
Die wachsende Attraktivität Deutschlands für internationale Studierende macht es mit Blick auf ihr Fachkräftepotenzial umso notwendiger, ihnen auch Perspektiven für die Zeit nach ihrem Abschluss aufzuzeigen. Um im deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, benötigen diese Absolventinnen und Absolventen mehr als einen guten Abschluss. Es sind gezielte Unterstützungsstrukturen erforderlich, einen erfolgreichen Übergang von der Hochschule in den Beruf zu ermöglichen. „Sie brauchen zum Beispiel sprachliche Vorbereitung, Bewerbungstrainings, erste Praxiserfahrungen mit deutschen Arbeitgebern sowie persönliche Netzwerke“, sagt Jessica Schüller.
Die Ziele seines Positionspapiers realisiert der DAAD mit der Campus-Initiative internationale Fachkräfte: Das Programm unterstützt 104 Hochschulen in Deutschland für vier Jahre mit projektbezogenen und strukturellen Maßnahmen. Aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) werden 114 Projekte in den beiden Programmen FIT und Profi plus mit insgesamt 120 Millionen Euro gefördert. Dazu gehören Angebote für die Begleitung und Unterstützung vor und während des Studiums, Career Services und Weiterqualifizierungsangebote.
Vernetzung von Hochschulen und Unternehmen
Jessica Schüller hat insbesondere die Vernetzung zwischen Hochschulen, gesellschaftlichen Akteuren sowie Unternehmen und wirtschaftsnahen Institutionen im Blick. Auch das gehört zum Portfolio der Fachkräfte-Initiative: „Mit Hilfe neuer Studien möchten wir zudem mehr Wissen generieren und die Strukturen mit Blick auf eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration verbessern“, sagt sie. „Dazu organisieren wir auch Politik- und Stakeholderdialoge, um die verschiedenen Akteure in unterschiedlichen Formaten zusammenzubringen. Hier kann der DAAD unter anderem in seiner Vernetzungsrolle agieren.“
Der aus den USA stammenden Schüller liegt das Thema Fachkräfte für Deutschland auch persönlich am Herzen: „Internationale Studierende investieren viel, um in Deutschland zu studieren, und viele möchten bleiben. Deshalb möchten wir ihnen bestmögliche Unterstützung beim Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt bieten und gleichzeitig internationale Fachkräfte für Deutschland gewinnen.“
Bettina Mittelstraß (12. Juli 2024)