Gemeinsam gegen tödliche Krankheiten

Forschung in Lambaréné, Sitz des DAAD-geförderten Globalen Zentrums CAIDERA

Mit Förderung des DAAD sind in Subsahara-Afrika zwei von insgesamt vier Globalen Zentren für Gesundheit und Pandemievorsorge entstanden. Sie gehen neue Wege im internationalen Austausch und in der Infektionsforschung.

Infektionskrankheiten sind jedes Jahr für viele Millionen Todesfälle weltweit verantwortlich. Am schlimmsten betroffen ist Afrika südlich der Sahara. Malaria und Tuberkulose sind hier weit verbreitet, aber auch besonders tödliche Infektionskrankheiten wie Denguefieber, Marburgfieber oder Ebola treten auf. Durch die Erderwärmung im Zuge der Klimakrise gelangen aber Viren, Bakterien und Parasiten, die bisher nur in tropischen Regionen verbreitet waren, zunehmend auch nach Europa. Deutsche Hochschulen arbeiten seit Langem mit afrikanischen Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammen, um Infektionskrankheiten einzudämmen. Im Rahmen des aus Mitteln des Auswärtigen Amts finanzierten DAAD-Programms Globale Zentren für Gesundheit und Pandemievorsorge sind 2021 zwei Gesundheitskooperationen mit afrikanischen Partnern hinzugekommen.

In Ghana: Kampf gegen das Marburgvirus

Das German-West African Centre for Global Health and Pandemic Prevention (G-WAC) hat seinen Sitz in Ghana. Beteiligt sind die Kwame Nkrumah University of Science and Technology, die Technische Universität und die Charité aus Berlin sowie das Universitätsklinikum Bonn. Gemeinsam wollen deutsche und ghanaische Forscher unter anderem den Treibern von Pandemien auf die Spur kommen. Theophilus Odoom, einer von 14 Promovierenden aus Westafrika, deren Forschung über das G-WAC gefördert wird, sucht etwa nach dem Ursprung des Marburgvirus. Klar ist: Der Krankheitserreger wird von Fledermäusen oder von Nutztieren, die zuvor mit infizierten Fledermäusen in Kontakt waren, auf den Menschen übertragen und ist sehr gefährlich. 50 Prozent der Erkrankten sterben. Anders als bei Ebola ist es bisher aber nicht zu massenhaften Übertragungen von Mensch zu Mensch gekommen. In Ghana hatten sich 2022 erstmals drei Menschen mit dem Marburgvirus angesteckt. Zwei überlebten nicht. Odoom, der auch das nationale Veterinärlabor Ghanas leitet, untersucht nun Fledermauspopulationen in fünf Regionen des Landes. In einer Region konnte er bereits nachweisen, dass rund 30 Prozent einer bestimmten Fledermausart den Erreger des Virus in sich tragen.

In Zusammenarbeit mit seinem Bonner Promotionsbetreuer, dem Medizinanthropologen Professor Walter Bruchhausen, geht Odoom der Frage nach, welche Bedingungen das Übergreifen des Virus vom Tier auf den Menschen begünstigen. „Um ein mögliches Ausbruchsszenario zu konstruieren, ist es wichtig, das Verhalten von Menschen und mögliche Verhaltensänderungen zu analysieren“, erklärt Odoom. In Ghana würden Bauern etwa immer weiter in Waldgebiete vordringen, um neue Anbauflächen anzulegen. „So kommen sie eher in Kontakt mit Wildtieren.“

Bei der Forschung von Theophilus Odoom kommt vieles zusammen, was für die Arbeit des G-WAC exemplarisch ist: Es vernetzen sich nicht nur verschiedene Hochschulen, vielmehr sind auch staatliche Strukturen in Ghana und die Weltgesundheitsorganisation WHO in den vielschichtigen Austausch eingebunden. Grundsätzlich vereinfachen diese Schnittstellen eine Übernahme von neuen Erkenntnissen in die Gesundheitspolitik und somit ein wesentliches Ziel des Globalen Zentrums: Erfolge bei der Gesundheitsvorsorge und Pandemieprävention zu erreichen, von denen die Bevölkerung direkt profitiert.

Für Bruchhausen ist die inter- und transdisziplinäre Forschung am G-WAC bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten zukunftsweisend: „Die Zusammenarbeit zwischen der Veterinärmedizin, dem öffentlichen Gesundheitswesen und der Medizinanthropologie ist noch wenig etabliert. Pandemien wie COVID-19 zeigen aber, dass wir sie verstärken müssen.“ Auch bei Corona handelt es sich um eine sogenannte Zoonose, eine Infektionskrankheit, die zunächst von Tieren auf Menschen übertragen wurde. Aufklärung und Verhaltensänderungen im Umgang mit Wildtieren könnten den Ausbruch von Pandemien verhindern oder zumindest erschweren.

Globale Kooperation in Gabun

CAIDERA-Studiengangskoordinatorin Theresa Kahl: Arbeit an einem „Leuchtturmprojekt“

Forschung ist der Schlüssel, um Gesundheitssysteme besser auf mögliche Pandemien vorzubereiten. Die Central African Infectious Disease and Epidemics Research Alliance (CAIDERA), das zweite Globale Zentrum für Gesundheit und Pandemievorsorge auf dem afrikanischen Kontinent, setzt daher bereits bei der Nachwuchsförderung an. Die Medizinische Fakultät der Universität Tübingen unterhält eine enge Partnerschaft mit dem Centre de Recherches Médicales de Lambaréné (Cermel) im zentralafrikanischen Gabun. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und Gabun entwickeln dort unter anderem neue Impfstoffe und Therapien gegen Malaria, Tuberkulose und andere Infektionskrankheiten. Nun hat die Förderung durch den DAAD ermöglicht, einen auf Zentralafrika zugeschnittenen, zweijährigen Masterstudiengang mit Schwerpunkt Infektionsforschung zu entwickeln, der von der Universität Tübingen angeboten und komplett am Cermel unterrichtet wird. Der Studiengang Infection Biology and Control richtet sich vor allem an Studierende aus West- und Zentralafrika, einer Region, in der kein weiterer Master ähnlichen Zuschnitts angeboten wird. „Dieser Studiengang ist ein Leuchtturmprojekt. Durch die Akkreditierung in Tübingen erhalten die Studierenden die Möglichkeit, einen Abschluss an einer Exzellenzuniversität zu erwerben und später auf internationalem Niveau zu forschen“, erklärt Studiengangskoordinatorin Theresa Kahl.

Seit dem vergangenen Herbst lernen und forschen die ersten 15 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus acht afrikanischen Staaten in Lambaréné, dem Ort, in dem Albert Schweitzer einst sein berühmtes Krankenhaus errichtete. Die sechs Frauen und neun Männer erhalten ein Stipendium des DAAD. Auch die Ausstattung des Cermel mit modernsten Laborgeräten wurde vom DAAD mit den Mitteln des Auswärtigen Amts finanziert. Für ihre Masterarbeit können einige der Studierenden zusätzlich Labore in Europa nutzen.

Unterrichtet werden die Nachwuchsforscherinnen und -forscher von Lehrenden des Cermel und von Dozentinnen und Dozenten, die dafür nach Gabun reisen. Vermittelt werden Kenntnisse der wichtigsten Infektionskrankheiten sowie Grundlagen der Molekular- und Zellbiologie, Genetik, Immunologie und Statistik. Koordinatorin Theresa Kahl geht davon aus, dass die meisten Teilnehmenden nach dem Masterabschluss einen PhD anstreben und später in der Infektionsforschung, bei internationalen Institutionen oder in leitender Funktion in Laboren arbeiten werden. „Wenn sich der Studiengang etabliert und andere Institutionen ihn als Blaupause nutzen, kann dies ein weiterer Schritt sein, die am stärksten von Infektionskrankheiten betroffenen Länder der Welt zu befähigen, diese Erkrankungen möglichst selbstständig zu bekämpfen.“

Ulrike Scheffer (22. Juli 2024)

 

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