Strahlkraft für die gesamte Region
Subsahara-Afrika hat die mit Abstand jüngste Bevölkerung weltweit – und die junge Generation lernt immer häufiger die deutsche Sprache. Mit dem Programm (Digitales) DaF-Kompetenznetzwerk in der Region Subsahara-Afrika unterstützt der DAAD Hochschulen in Togo, Kenia und Namibia dabei, die steigende Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Deutschlernangeboten zu decken. Für das erste Projekt SANDD – Subsahara-Afrika-Netz DaF Digital findet Anfang Oktober 2024 das Auftakttreffen in Namibia statt.
Wenn Dr. Gerda Wittmann am Semesteranfang die Seminar- und Vorlesungssäle betritt, blickt sie in zahlreiche neue Gesichter. Wittmann ist Senior Lecturer und Sektionsleiterin für das Fach Deutsch an der Universität von Namibia (UNAM) sowie Standortleiterin des DAAD geförderten Projekts SANDD –Subsahara-Afrika-Netz DaF Digital. „Das Interesse an unserem Studiengang ‚Deutsch als angewandte und Wirtschaftssprache‘, der einem Sprachkurs gleichkommt, wächst rasant – sowohl bei eingeschriebenen Studierenden als auch in der breiten Öffentlichkeit“, erzählt sie. „Ebenso verzeichnen wir innerhalb unserer Germanistik steigende Studierendenzahlen.“
Deutsch ist Teil der rund 30 Landessprachen Namibias, darunter elf Nationalsprachen und Englisch als Amtssprache; etwa 20.000 Menschen sprechen Deutsch als Erstsprache. „Zudem ist der Tourismussektor ein wichtiger Teil der namibischen Wirtschaft und die meisten Gäste kommen aus deutschsprachigen Ländern“, erläutert Wittmann. Andere junge Menschen sehen ihre Zukunft in den deutschsprachigen Medien Namibias – und auch Schulen bieten gute Karrieremöglichkeiten. „Deutschlehrkräfte haben bessere Einstellungschancen als in vielen anderen Fächern; ein guter Abschluss kann so ein Weg aus der Armut sein“, sagt Wittmann.
Stärkung und Internationalisierung von DaF in Deutschland und Subsahara Afrika
Um den hohen Bedarf afrikanischer Hochschulen an einer akademischen Deutschlehrerausbildung zu decken und um Deutsch als Fremdsprache (DaF) in Lehre und Forschung zu stärken, hat der DAAD das neue Programm (Digitales) DaF-Kompetenznetzwerk in der Region Subsahara-Afrika ins Leben gerufen: Aus Mitteln des Auswärtigen Amtes unterstützt der DAAD seit Mai 2024 im Rahmen des Programms den DaF-Fachbereich an Universitäten in Togo, Namibia, Kenia und Deutschland. Im Fokus stehen dabei drei Zielgruppen: Hochschullehrende, junge Forschende und Studierende. Wissenschaftliche und fachliche Expertisen werden ausgetauscht und das Projekt trägt zur sprachlichen und wissenschaftlichen Qualifizierung junger Menschen bei, für die ein Studium oder die Arbeitsaufnahme in Deutschland eine Perspektive sein können.
„Neben den DAAD-Lektoraten, den germanistischen Institutspartnerschaften und der Plattform Dhoch3 bildet das Programm eine weitere tragende Säule zur Förderung der deutschen Sprache im Ausland“, sagt die zuständige DAAD-Referentin Julia Schwarzenberger. „Darüber hinaus setzen wir damit wichtige Impulse nicht nur für den Austausch zwischen Deutschland und Afrika, sondern auch innerhalb des afrikanischen Kontinents, sowie für eine international ausgerichtete Weiterentwicklung des Fachs Deutsch als Fremdsprache.“
Umgesetzt wird das Programm durch einen Verbund von fünf Hochschulen: Die Universitäten Augsburg und Paderborn, die Université de Kara in Togo, die Kenyatta University in Kenia und die UNAM bündeln mit dem Projekt SANDD-Subsahara Afrika-Netz DaF Digital ihre Kompetenzen und bauen zusammen ihre Kapazitäten aus. „In unserem Netzwerk stellen wir uns gemeinsam drängenden Fragen wie der Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Teilhabe und machen Ressourcen breiter nutzbar“, erläutert Projektleiterin Professorin Kristina Peuschel, die an der Universität Augsburg den Lehrstuhl für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache und seine Didaktik innehat. „Unter anderem werden wir Module für die DaF-Lehrkräfteprofessionalisierung entwickeln, die den lokalen Kontexten und dem Stand der Wissenschaft entsprechen und einen Praxisbezug aufweisen.“
Die Universität Augsburg ist dabei für die organisatorische Leitung des Projekts verantwortlich und bringt ihre Expertise im Bereich des digitalen Lernens ein. Die Universität Paderborn bringt sich mit den Schwerpunkten Mehrsprachigkeit und Sprache in Fach, Beruf und Studium ein und profitiert von der gemeinsamen Forschung hierzu. Gemeinsam bieten alle Universitäten Fortbildungen und Seminare zu diesen Themen sowie zu digitalen Kompetenzen, Literaturdidaktik und im Bereich Forschungsmethoden und wissenschaftliches Schreiben an.
Didaktische und digitale Kompetenzen im Fokus
Die UNAM und die Kenyatta University bringen ihr Wissen im Bereich der Ausbildung von Deutschlehrerinnen und -lehrern ein; die Kenyatta University ist in Ostafrika die größte Institution in der DaF-Lehrkräfteausbildung. Die Université de Kara in Togo hat sich auf das berufsbildorientierte Deutschstudium spezialisiert. Binationale Masterstudiengänge sind geplant, ebenso Double- oder Triple-Degree-Programme. Herzstück der virtuellen Komponente des Projekts ist die Entwicklung und Nutzung einer digitalen Lehr-, Lern- und Kommunikationsplattform. „Sie kann länderübergreifend zum gegenseitigen wissenschaftlichen Austausch und unterstützend für Lehrveranstaltungen eingesetzt werden“, sagt Peuschel. Rein virtuelle Angebote, aber auch Blended-Learning-Formate seien dabei realisierbar: beispielsweise zur Darstellung von Arbeitsergebnissen und Materialien oder zum Vermitteln von Praktikumsplätzen für deutsche oder afrikanische Studierende auf dem jeweils anderen Kontinent. „Für die Universität Augsburg liegt der Mehrwert des Projekts insbesondere in der Internationalisierung des Fachs DaF und der Professionalisierung von DaF-Lehrkräften“, sagt Peuschel. Das gilt auch für den zweiten deutschen Standort des Projekts, Paderborn.
An der Université de Kara in Togo steht ebenso die Qualifizierung von DaF-Lehrkräften im Vordergrund. „Wir verfügen über zu wenig geeignetes Personal für unseren berufsbezogenen Bachelorstudiengang“, sagt SANDD-Standortleiter Dr. Aqtime Gnouléléng Edjabou, Dozent am Fachbereich für angewandte Fremdsprachen der Université de Kara (UK). „Dabei steigt die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Togo, die Deutsch lernen möchten, kontinuierlich an, und auch an unserer Hochschule wünschen sich immer mehr Fakultäten spezielle Seminare.“ Zudem existiere keine akademische Ausbildung für Lehrkräfte – Absolventinnen und Absolventen des Angewandten Deutschstudiums treten aktuell ohne Kenntnisse von Didaktik und Methodik direkt in den Schuldienst ein. „Mit der Unterstützung von SANDD entwickeln wir derzeit einen Masterstudiengang, der die akademische Lehrkräfteausbildung stärken wird“, sagt Edjabou.
Darüber hinaus hilft das Projekt, infrastrukturelle Probleme zu meistern, die sich in einer unzureichenden Ausstattung des Sprachlabors, aber auch einem Mangel an Fachliteratur und digitalem Equipment bemerkbar machen. „Mit der neuen Lern- und Lehrplattform werden wir ohne Mühe auf Unterrichts- und Fortbildungsmaterialien zurückgreifen können und von curricularen Innovationen profitieren“, sagt er. Auch die Implementierung einer IT-Grundausrüstung ist geplant: Laptops und Internetanschlüsse in den Seminarräumen sollen einen reibungslosen Ablauf des Unterrichts und der Prüfungen sowie der SANDD-Fortbildungen und Workshops sicherstellen.
Regionaler Austausch mit Partneruniversitäten
Gleichzeitig hat die Initiative Strahlkraft für die gesamte Region. „Wir stehen im engen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus Kamerun, Benin und Burkina Faso, die großes Interesse an unserem Projekt zeigen“, erzählt Edjabou. „In Kara bietet dies einen guten Anlass für noch engere Kooperationen mit den dort ansässigen Schulen.“ Auch die Kenyatta University setzt als größte Institution der DaF-Lehrkräfteausbildung in Ostafrika auf den regionalen Austausch mit zahlreichen Partneruniversitäten sowohl in Kenia als auch in Uganda. Und auch in den Nachbarländern Namibias erzielt SANDD positive Resonanz. „Momentan ist Namibia das einzige Land im südlichen Afrika, in dem Deutschlehrkräfte für Schulen ausgebildet werden“, erläutert Gerda Wittmann von der UNAM. „Das wollen wir mithilfe des Projekts ändern.“
Ein erster Meilenstein ist dabei die Auftaktveranstaltung des Projekts in Windhoek Anfang Oktober 2024, dem die SANDD-Konsortiumsmitglieder mit großer Erwartung entgegensehen. „Bislang haben wir alle Besprechungen online abgehalten und in nur einem Jahr das Projekt über vier Länder und zwei Kontinente hinweg auf die Beine gestellt“, sagt Projektleiterin Kristina Peuschel. „Jetzt freuen wir uns alle sehr auf ein persönliches Treffen an der UNAM.“ Von der Zusammenkunft profitieren nicht nur die Lehramtsstudierenden und Deutschlehrkräfte der UNAM: „An den hybriden DaF-Lehrkräftefortbildungen zu den Themen Digitale Kompetenzen und Mehrsprachigkeit, die wir im Rahmen der Veranstaltung erstmals anbieten, können Interessierte kostenlos und digital teilnehmen“, sagt Peuschel.
Christina Pfänder (14. August 2024)