„Ein Beitrag für ein starkes, kreatives und innovatives Europa“

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Anke Stahl, Bereichsleiterin im DAAD für Grundsatzfragen Projekte, Internationalisierung und Forschung, Hochschulverbände: Deutsche Hochschulen sollen mithilfe des nationalen Begleitprogramms sichtbarer werden

Ergänzend zum EU-Pilotprogramm fördert der DAAD aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die deutschen Hochschulen mit dem Programm „Europäische Hochschulnetzwerke (EUN) – nationale Initiative“. Im Interview erklärt Anke Stahl, Bereichsleiterin im DAAD für Grundsatzfragen Projekte, Internationalisierung und Forschung, Hochschulverbände, welchen Beitrag dieses nationale Begleitprogramm für die Europäischen Hochschulen leisten will. 

Welche strategischen Überlegungen stehen hinter dem nationalen Begleitprogramm zur EU-Initiative „Europäische Hochschulen“?
Die deutsche Hochschullandschaft war auf die EU-Initiative gut vorbereitet, weil sich viele Hochschulen schon seit einiger Zeit international strategischer aufgestellt haben, unter anderem befördert durch DAAD-Programme wie „Strategische Partnerschaften und Thematische Netzwerke“. Gleiche Vorarbeit leistete das Erasmus+-Programm „Strategische Partnerschaften". Angesichts der aktuellen Lage in Europa können wir aber nicht oft genug betonen, welche Vorteile Europa hat. Den europäischen Gedanken mehr in die Gesellschaft zu tragen: Dabei kommt auch den Hochschulen eine besondere Rolle zu. Deshalb sehe ich beides – die EU-Initiative und unser nationales Begleitprogramm – als Chance, dass den Hochschulen diese gesellschaftliche Verantwortung bewusster wird und sie auch konkrete Angebote machen werden, verstärkt mit der Gesellschaft in den Austausch zu treten. Die Idee eines starken, kreativen und innovativen Europas zu beflügeln – darin sehe ich unseren Beitrag.

Wie lässt sich das nationale Begleitprogramm im Rahmen der anderen DAAD-Programme einordnen?
Die ausgewählten geförderten Netzwerke nehmen viele aktuelle Themen auf, wie zum Beispiel Klimawandel, Gesundheit oder Digitalisierung. Die neue Qualität des Programms liegt für mich darin, dass man diese Themen vernetzter denken muss und viele Partner mit einbezieht. Das versuchen wir durch das nationale Begleitprogramm zu unterstützen, indem wir vor allem den Erfahrungsaustausch der Netzwerke untereinander fördern wollen. Mit einer guten Öffentlichkeitsarbeit wollen wir insbesondere die deutschen Hochschulen in den Netzwerken dabei unterstützen, in der Gesellschaft sichtbarer zu werden. Dass wir ein so großes EU-Programm mit einem nationalen Programm begleiten – aus nationalstaatlichem, aber natürlich auch aus europäischem Interesse – ist auch für uns durchaus Neuland. Aber wir haben mit unseren anderen Programmen, mit denen wir Netzwerke und Partnerschaften gefördert haben, schon viel Erfahrung gesammelt.

Wie hängen die EU-Ausschreibung und das nationale Begleitprogramm zusammen? 
Wir flankieren das EU-Programm – für unsere beteiligten deutschen Hochschulen. Insbesondere in Deutschland und Frankreich gab es den Willen, die eigenen Hochschulen innerhalb ihrer Partnerschaften zu stärken. Die Europäischen Hochschulen sollen kein reines EU-Programm bleiben, sondern in die Nationalstaaten hineinwirken, indem diese eigene Mittel und Ressourcen mobilisieren. Momentan haben nur Deutschland und Frankreich ein solches Begleitprogramm ausgeschrieben. Dadurch haben diese Hochschulen natürlich einen Vorteil im Vergleich zu den anderen Ländern, aber damit sollen auch andere EU-Staaten ermuntert werden, sich künftig national zu beteiligen und einzubringen. Und es gibt auch schon entsprechende positive Signale aus anderen Ländern.

Wie sieht die Förderung konkret aus?
Deutsche Hochschulen, die in den ausgewählten Konsortien von der EU gefördert werden, können sich in der Programmlinie 1 („Topping up“) um zusätzliche Mittel bewerben. Zudem können die deutschen Hochschulen, deren Anträge in der ersten Programmausschreibung sehr gut platziert sind, aber bei der EU-Auswahl noch nicht zum Zuge kamen, Fördermittel beantragen. Voraussetzung dafür ist, dass die EU den Antrag grundsätzlich als förderungswürdig eingestuft hat. In dieser zweiten Programmlinie („Approved but not funded“) wollen wir vor allem die Gewinnchancen der Zweitplatzierten in der nächsten EU-Ausschreibungsrunde erhöhen. Mich freut besonders, dass wir in der Programmlinie 2 auch einige Fachhochschulen dabeihaben. Wir wollen also nicht nur diejenigen stärken, die sich bereits auf den Weg gemacht haben, sondern auch die Hochschulen, die knapp leer ausgegangen sind. 

Zusätzlich plant der DAAD flankierende Maßnahmen. Welche werden das sein?
Hier wollen wir vor allem zur besseren Vernetzung der deutschen Hochschulen in den Europäischen Hochschulverbünden beitragen und eine Plattform für Austausch schaffen sowie die Partner zusammenbringen. Wie das konkret aussehen wird, hängt auch stark von den Bedürfnissen unserer Hochschulen ab. Wir wollen aber auch eigene Themen setzen, zum Beispiel die Frage der Mehrsprachigkeit innerhalb der Europäischen Hochschulen. Internationalität wird vielfach mit Kommunikation auf Englisch gleichgesetzt, aber gerade das soll ja durch das Konzept der Europäischen Hochschulen aufgebrochen werden. 

Die Antragsberechtigten für das nationale Förderprogramm stehen also fest. Der Aufwand für den Antrag in der ersten Pilotausschreibung war enorm, zumal er in einem sehr kurzen Zeitraum zu leisten war. Wie hoch ist der Antragsaufwand für das nationale Begleitprogramm? 
Der EU-Antrag bildet die Grundlage. Darin wurde qualitativ alles überprüft. Wir treffen keine Auswahl mehr, sondern prüfen, ob es sich um sinnvolle Begleitmaßnahmen handelt und es nicht zu einer Doppelung von Maßnahmen kommt, die dann aus zwei Töpfen finanziert werden. Wir wollen den Hochschulen das Leben wirklich leicht machen und die Antragstellung auf die absolut notwendigen Unterlagen beschränken.

Die EU hat in der ersten Runde das Budget auf 85 Millionen Euro aufgestockt und fördert mit 17 europäischen Hochschulallianzen mehr als ursprünglich angekündigt. Was bedeutet das für das nationale Förderprogramm? 
Die breitere Aufstellung der Förderung hat uns überrascht, aber so bekommen natürlich viel mehr Hochschulen Chancen für eine europäische Netzwerkbildung. Dadurch reduzieren sich andererseits auch unsere Mittel pro Hochschule. Mit 15 deutschen Hochschulen sind jetzt etwa doppelt so viele Einrichtungen dabei, als wir geschätzt hatten. Da mussten wir zunächst in der Ausstattung des nationalen Begleitprogramms etwas nachjustieren. Trotzdem ergibt sich ein Mehrbedarf, wenn man in beiden Programmlinien eine einigermaßen substanzielle Förderung hinbekommen will. Einen entsprechenden Antrag werden wir beim BMBF stellen, und der Bedarf wird dort auf jeden Fall gesehen. 

Interview: Britta Hecker (26. September 2019)